Anwendung der Schusswaffe durch einen VP-Angehörigen
11. September 1972
Information Nr. 855/72 über die Anwendung der Schusswaffe durch einen VP-Angehörigen zur Abwehr rowdyhaften Verhaltens
Am 10.9.1972, gegen 3.00 Uhr, kam es am Ortsausgang von Lübben, Bezirk Cottbus zu einem tätlichen Angriff von zwei Jugendlichen auf den VP-Angehörigen (ABV) Genossen [Name 1, Vorname], geboren am [Tag, Monat] 1940, wohnhaft in Lübben, [Straße, Nr,]. Genosse [Name 1] machte gerechtfertigt von der Schusswaffe Gebrauch und verletzte einen der Täter am Knie.
Die Untersuchungen über den Tathergang und die Täter führten zu folgendem Ergebnis:
Die beiden Jugendlichen [Name 2, Vorname] und [Name 3, Vorname] fuhren am 9.9.1972, gegen 19.30 Uhr, mit Fahrrädern zu einer Tanzveranstaltung nach Radensdorf, Kreis Lübben, in deren Verlauf sie reichlich Alkohol zu sich nahmen. Nach Beendigung der Tanzveranstaltung am 10.9.1972, gegen 2.00 Uhr, traten sie die Rückfahrt an. Sie fuhren zu zweit auf einem Fahrrad, nachdem sie ein Fahrrad wegen eines Defektes abgestellt hatten. Am Ortseingang von Lübben wurden beide von dem VP-Angehörigen [Name 4] kontrolliert, der sie aufgrund ihres verkehrswidrigen Verhaltens – sie fuhren außerdem ohne Licht – zur Zahlung von 10,00 Mark aufforderte. Sie gaben vor, kein Geld bei sich zu haben, und fuhren weiter.
Am Ortsausgang von Lübben wurden sie – in der Straßenmitte fahrend – vom ABV Genossen [Name 1] mittels rotem Lichtsignal zum Halten aufgefordert. Beide lehnten es ab, den Personalausweis vorzuzeigen und die Straßenmitte zu räumen. Als der Jugendliche [Name 2] sich vom ABV abwendete, fasste dieser ihn am Oberarm, um ihn zu sich zu drehen. Daraufhin schlug [Name 2] auf den ABV ein und dieser schlug kurz zurück. Nachdem der ABV von dem Jugendlichen [Name 3] von hinten einen kräftigen Schlag auf den Kopf erhielt und benommen war, schlugen beide auf den ABV ein, zerrten ihn durch eine mit Draht bespannte Hecke in ein dort angrenzendes Gartengrundstück und brachten ihm eine Reihe von Verletzungen bei. Der ABV nahm seine Waffe und gab ohne mündliche Warnung durch die gespreizten Beine eines Täters einen Schuss ab. Da beide weiter auf ihn einschlugen, gab er zwei weitere Schüsse ab und verletzte den Jugendlichen [Name 3] am Knie. Daraufhin ließen beide vom ABV ab und konnten, obwohl sie Widerstand leisteten, mithilfe eines Bürgers dem VPKA zugeführt werden.
Von den beiden Tätern konnte bisher Folgendes ermittelt werden:
- 1.
[Name 2, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1955 in Lübbenau, wohnhaft Krimitz, Kreis Calau, [Straße, Nr.], Maurerlehrling im VEB Bau Lübbenau. [Name 2] trat schon wiederholt negativ in Erscheinung und gilt als leichtsinnig und arrogant.
- 2.
[Name 3, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1951 in Krimitz, wohnhaft Krimitz, Kreis Calau, [Straße, Nr.], Schlosser in der LPG (Typ III) Groß-Beuchow. [Name 3] gilt als guter Arbeiter und gehört der Freiwilligen Feuerwehr der Gemeinde an. Bisherige Strafen (Geldstrafe, bedingte Verurteilung und Fahrerlaubnisentzug) sind gelöscht.
Der verletzte Täter [Name 3] wurde zur Operation in das Kreiskrankenhaus Lübben eingeliefert und wird in das Haftkrankenhaus Meusdorf überführt.
Nach eingehender Prüfung der bisher vorliegenden Ermittlungsergebnisse wurde entschieden, ein Ermittlungsverfahren mit Haft nach § 215 (Rowdytum)1 in Tateinheit mit § 212 StGB (Widerstand gegen staatliche Maßnahmen)2 durchzuführen.