Bahnbetriebsunfall zwischen Genthin und Brandenburg/Havel
24. April 1972
Information Nr. 299/72 über einen Bahnbetriebsunfall auf der Transitstrecke Berlin – Marienborn – Berlin im Streckenabschnitt Genthin – Brandenburg/Havel am 26. März 1972
Am 26.3.1972, um 17.01 Uhr, ereignete sich bei Ausfahrt eines Militärtransportes der NVA aus dem Bahnhof Kirchmöser in Richtung Brandenburg/Havel ein Bahnbetriebsunfall, bei dem eine über das Gleis führende Straßenbrücke einstürzte und fünf Mannschaftswagen entgleisten.
Insgesamt neun Angehörige der NVA erlitten Verletzungen. Zwei schwerverletzte Angehörige der NVA befinden sich im Krankenhaus Brandenburg, die anderen sieben wurden nach ambulanter Behandlung wieder entlassen.
Der durch den Unfall eingetretene Sachschaden konnte noch nicht exakt ermittelt werden, da die Aufräumungsarbeiten an der Unfallstelle durch die beim Einsturz der Brücke freigelegten bzw. heruntergerissenen Strom- und Wasserzuleitungen behindert werden. Das austretende Wasser sowie der Stromausfall für einen Teil des Ortes Kirchmöser richteten zusätzlichen Schaden an.
Durch die notwendige Totalsperrung der Strecke zwischen den Bahnhöfen Genthin und Brandenburg vom 26.3.1972, 17.01 Uhr, bis 27.3.1972, 04.06 Uhr, mussten sechs D-Züge des internationalen Verkehrs und drei Besatzerzüge über Belzig – Güterglück nach Magdeburg und Marienborn umgeleitet werden. Es traten dadurch Zugverspätungen von ein bis zwei Stunden ein.
Seit dem 27.3.1972, 04.06 Uhr, war die Unfallstelle wieder mit 10 km/h befahrbar. Zur endgültigen Räumung der Unfallstelle und Wiederherstellung der vollen Befahrbarkeit erfolgte im Laufe des 27.3.1972 nochmals eine zweistündige Sperrung des betroffenen Streckenabschnitts.
Die Kontrolltätigkeit in den Zügen des grenzüberschreitenden Reiseverkehrs auf dieser Strecke wurde durch den Unfall und die damit verbundenen Umleitungen nicht beeinträchtigt.
Über den Unfallhergang selbst liegen dem MfS bisher folgende Hinweise vor:
Bei Ausfahrt des Militärtransportzuges der NVA (Transportnummer 104 869) aus dem Bahnhof Kirchmöser in Richtung Brandenburg/Havel (km 71.9) kollidierte der mit einem Autodrehkran K 162 beladene fünfte Wagen mit einer über die Gleisanlagen führenden Straßenbrücke, wodurch letztere einstürzte und die nachfolgenden fünf Mannschaftswagen entgleisten.
Der angeführte NVA-Transportzug war auf dem Bahnhof Wusterwitz (Nachbarbahnhof von Kirchmöser in Richtung Genthin) durch die NVA beladen worden und sollte nach Retzdorf,1 [Bezirk] Schwerin transportiert werden.
Bei der Beladung des Zuges waren die »Transportvorschriften zum Verladen von Armeefahrzeugen« durch das Reichsbahnpersonal und das Verladekommando der NVA ungenügend beachtet worden.
Der auf einem Plattenwagen verladene Autodrehkran entsprach in seinen Abmessungen nicht dem für die zu befahrende Strecke vorgeschriebenen Höchstmaß und ragte dadurch in das Profil der Brücke.
Gegen den für die Verladung verantwortlichen Wagenmeister des Bahnhofes Wusterwitz, [Name 2, Vorname], geboren: [Tag, Monat] 1931, wohnhaft: Brandenburg, [Straße, Nr.] wurde ein Ermittlungsverfahren gemäß 197 StGB2 – Gefährdung der Sicherheit im Verkehr der Bahn, Luftfahrt und Schifffahrt – eingeleitet, da dieser es bei Zusammenstellung des Transportes entgegen seinen Pflichten unterlassen hat, die Lademaße zu überprüfen.