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Brandgeschehen in der Land- und Nahrungsgüterwirtschaft

6. September 1972
Information Nr. 819/72 über das Brandgeschehen in der Land- und Nahrungsgüterwirtschaft seit Beginn der Getreideernte

Im Zeitraum vom 15. Juli bis 30. August 1972 ereigneten sich in der Land- und Nahrungsgüterwirtschaft insgesamt 134 Brände, die einen Sachschaden in Höhe von 4,8 Mio. Mark zur Folge hatten.

Die Gesamtzahl der Schadensfälle gliedert sich wie folgt auf:

  • 89 Brände mit 3,6 Mio. Mark Schaden bei Scheunen/Bergeräumen und Mieten

  • 31 Brände mit 1,1 Mio. Mark Schaden bei Stall- und Wirtschaftsgebäuden

  • 14 Brände mit 0,1 Mio. Mark Schaden bei Getreidefeldern/Maschinen und Geräten

Der Schwerpunkt des Brandgeschehens lag in der zweiten Hälfte des Monats Juli, als die Brandentstehung durch extreme Hitze und Trockenheit sowie durch zahlreiche Blitzschläge außerordentlich begünstigt wurde.

Den Bränden fielen große Mengen an Futtermitteln, 121 Mastbullen, 215 Schafe, 75 Schweine, 50 Ferkel und zahlreiche Maschinen und Geräte zum Opfer.

Die von den Sicherheitsorganen geführten Untersuchungen zu den Ursachen der Brände ergaben, dass 58 Brände mit einem Schaden von 2,0 Mio. Mark Schaden durch Blitzschlag verursacht wurden. Es wurden dabei überwiegend Scheunen, Bergeräume sowie Stall- und Wirtschaftsgebäude vernichtet, die nicht mit Blitzschutzanlagen ausgerüstet waren. Teilweise entstanden sehr hohe Schäden, so u. a.

  • Brand eines Schafstalles der LPG Bergen, [Kreis] Luckau, [Bezirk] Cottbus am 11.8.1972, 215 Schafe getötet, 105 000 Mark Schaden,

  • Brand einer Scheune mit Stallungen der LPG Fröttstedt, [Kreis] Gotha, [Bezirk] Erfurt am 15.8.1972, Vieh gerettet, ca. 100 000 Mark Schaden.

Durch Kinderhand entstanden 16 Brände mit 0,7 Mio. Mark Schaden, die durch Spielen mit Streichhölzern verursacht wurden.

Nach wie vor stellen derartige Vorkommnisse einen Schwerpunkt in der Landwirtschaft dar. Solche begünstigenden Umstände wie mangelhafte Aufsichtspflicht, Zugang zu Zündmitteln, unverschlossene Scheunen und Speicher spielen dabei eine wesentliche Rolle. Teilweise entstanden sehr hohe Schäden, wie z. B.

  • Brand eines Rinderoffenstalles der LPG Freiroda, [Kreis] Delitzsch, [Bezirk] Leipzig am 25.8.1972, (121 Mastbullen getötet, 250 000 Mark Schaden). Der Brand wurde von dem achtjährigen [Vorname Name 1] beim Rauchen und Spielen mit Streichhölzern verursacht, die er seiner Großmutter entwendet hatte.

  • Brand einer mit Heu und anderem Futter gefüllten Scheune der LPG Mücheln, [Kreis] Merseburg, [Bezirk] Halle am 29.8.1972, 102 000 Mark Schaden. Der Brand wurde von dem vierjährigen [Vorname Name 2] beim Spielen mit Streichhölzern verursacht.

Durch mechanische Defekte entstanden 16 Brände mit 0,4 Mio. Mark Schaden.

Unter diese Kategorie fallen besonders Brände, die durch Heißlaufen von Lagern sowie Funkenreißen defekter Ventilatoren von Kaltbelüftungsanlagen entstanden sind. Das Abreißen von Ventilatorflügeln stellt seit Jahren einen gewissen Schwerpunkt dar. Das Heißlaufen von wartungsfreien Lagern besonders an Mähdreschern des Typs E 512 trat dieses Jahr erstmalig offenkundig in Erscheinung. Dazu folgende Beispiele:

  • Brand eines mit Heu gefüllten Bergeraumes der LPG Skaska, [Kreis] Kamenz, [Bezirk] Dresden am 16.7.1972 durch Funkenbildung infolge Schleifens des Ventilators der Kaltbelüftungsanlage.

  • Brand eines Mähdreschers E 512 und als Folge eines 8 ha großen Gerstenschlages der LPG Kummerow, [Kreis] Angermünde, [Bezirk] Frankfurt am 9.8.1972 durch Heißlaufen eines von Hersteller als wartungsfrei angegebenen Lagers.

Mittels Selbstentzündung entstanden zwölf Brände mit 0,8 Mio. Mark Schaden.

Die Selbstentzündung von pflanzlichen Produkten (besonders Heu) stellt seit Jahren einen Schwerpunkt dar, weil die vorgeschriebenen Temperaturmessungen oft vernachlässigt oder gar nicht durchgeführt werden. Dazu folgende Beispiele:

  • Brand einer mit Heu gefüllten Scheune der LPG Lichtenhain, [Kreis] Sebnitz, [Bezirk] Dresden durch Selbstentzündung, es wurden keine Temperaturmessungen durchgeführt, Schaden 104 000 Mark.

  • Brand einer 500-t-Häckselstrohmiete der LPG Manschnow,1 [Kreis] Seelow, [Bezirk] Frankfurt/Oder am 28.8.1972 durch Selbstentzündung, Schaden 40 000 Mark. Die Temperaturmessungen ergaben bereits drei Tage vor dem Brand +80 °C Innentemperatur. Seit diesem Zeitpunkt wurden keine Messungen mehr vorgenommen, da der dafür Verantwortliche erkrankte.

Durch fahrlässigen Umgang mit offenem Feuer wurden sieben Brände mit 0,2 Mio. Mark Schaden verursacht.

Hierbei handelt es sich um Fahrlässigkeitsdelikte wie Rauchen in Scheunen und Ställen, Abbrennen von Gras in der Nähe von Speichern u. a. Dazu folgende Beispiele:

  • Brand eines Stalles der LPG Kuhschnappel, [Kreis] Hohenstein, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt2 am 15.8.1972, Schaden 7 000 Mark, verursacht durch einen Rentner, welcher Papier in der Nähe verbrannte (Funkenflug).

  • Brand einer Stall-Scheune der LPG Neuendorf, [Kreis] Kalbe-Milde, [Bezirk]Magdeburg am 18.7.1972, Schaden 100 000 Mark, verursacht durch einen betrunkenen Studenten beim Leuchten mit Streichhölzern.

Die durch Kurzschluss entstandenen fünf Brände mit 0,2 Mio. Mark Schaden entstanden meist infolge überalterter oder unsachgemäß installierter elektrischer Anlagen, aber auch durch hohe Belastungen, besonders während der Ernte.

Folgende charakteristische Beispiele dazu:

  • Brand einer Scheune der LPG Großmecka, Kreis Schmölln, Bezirk Leipzig am 10.8.1972, Schaden 60 000 Mark, entstanden durch Kurzschluss eines defekten Zuleitungskabels zum Motor des Gebläses.

  • Brand von zwei Scheunen und einem Nebengebäude der LPG Marieney, Kreis Oelsnitz, Bezirk Karl-Marx-Stadt am 14.8.1972, Schaden 50 000 Mark, verursacht durch Kurzschluss infolge des Berührens einer in 4 m Höhe befindlichen Starkstromleitung durch einen mit Stroh beladenen Wagen.

Durch Funkenflug aus Fahrzeugen sind fünf Brände (überwiegend Feldbrände) mit 0,1 Mio. Mark Schaden entstanden. Begünstigend wirkt sich besonders die mangelhafte Belieferung der Betriebe für Landtechnik mit Ersatzteilen für Auspuffanlagen der Traktoren (Zyklone) aus.

Dazu folgende Beispiele:

  • Brand eines Getreidefeldes der LPG Leuthen, Kreis Cottbus am 17.7.1972, Schaden 4 000 Mark, durch Funkenflug einer Reichsbahnlok.

  • Brand eines 2,5 ha-Gemengefeldes der LPG Großbriesen, Kreis Beeskow, Bezirk Frankfurt/Oder am 15.8.1972, Schaden 5 000 Mark, verursacht durch Funkenflug aus der defekten Auspuffanlage eines Traktors.

Durch Wärmestrahlung bzw. Wärmestau sind drei Brände mit 0,2 Mio. Mark Schaden entstanden.

Derartige Brände entstehen vorwiegend durch das Einbansen3 von elektrischen Beleuchtungskörpern mit Stroh oder Heu. Es handelt sich also überwiegend um Verletzungen der Brandschutzbestimmungen. Dazu folgende Beispiele:

  • Brand eines Rinderstalles der LPG Laas, Kreis Oschatz, Bezirk Leipzig am 18.8.1972, Schaden 120 000 Mark, Vieh gerettet, entstanden durch Einbansen einer Lampe mit Heu.

  • Brand eines Rinderstalles der LPG Weißbach, Kreis Schmölln, Bezirk Leipzig am 19.8.1972, Schaden 60 000 Mark, Vieh gerettet, entstanden durch Einbansen von zwei Lampen in Heu.

Ein Vergleich zum Schadensgeschehen im gleichen Zeitraum des Vorjahres ergibt, dass sowohl die Anzahl der Brände als auch der Sachschaden dieses Jahres etwa 20 % niedriger liegt.

  1. Zum nächsten Dokument Fehlverhalten der Besatzung eines US-Militärfahrzeuges

    6. September 1972
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