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Diskriminierungen durch westliche Kontrollorgane

5. Oktober 1972
Information Nr. 913/72 über diskriminierende Praktiken westdeutscher und Westberliner Kontrollorgane gegenüber arabischen Bürgern im Zusammenhang mit erfolgten Zurückweisungen

Die bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt erfolgten Zurückweisungen arabischer Bürger1 (siehe Informationen Nr. 876/72 und 892/72) waren in vielen Fällen mit diskriminierenden oder schikanösen Handlungsweisen seitens westdeutscher bzw. Westberliner Kontrollorgane verbunden.

In zahlreichen Fällen wurden durch Angehörige westdeutscher oder Westberliner Kontrollorgane in ordnungsgemäß ausgestellte und gültige Reisedokumente arabischer Bürger Zurückweisungsvermerke mit der Aufschrift »nach Paragraph 5 des Ausländergesetzes«2 gestempelt.

Zurückgewiesene arabische Bürger wurden in einigen Fällen an den Westkontrollpunkten mehrere Stunden unter Bewachung in separate Räume eingeschlossen und Leibesvisitationen unterworfen. Es erfolgten außerdem intensive Zoll- und Gepäckkontrollen und Befragungen über Grund, Zweck und Ziel der Reise.

So wurde am 27.9.1972 ein malinesischer Bürger, der am 8.9.1972 in Westberlin einreiste, aus Westberlin ausgewiesen. Aus diesem Grunde reiste der malinesische Bürger am 27.9.1972 über die Grenzübergangsstelle Griebnitzsee nach der BRD.

An der Grenzübergangsstelle Helmstedt wurde er durch die Grenzkontrollorgane der BRD unter Bezugnahme auf Paragraph 5 des Ausländergesetzes zurückgewiesen. Daraufhin trat der Malinese am 28.9.1972 in einem Transitzug die Rückreise nach Westberlin an, verließ aber diesen Zug, um mit einem Taxi erneut nach Helmstedt zu fahren. Der malinesische Bürger wurde an die Wirtschafts- und Handelsmission Malis in der Hauptstadt der DDR übergeben. Noch am gleichen Tag reiste er in Begleitung eines Diplomaten nach Westberlin aus.

Einem jordanischen Bürger, der im Besitz einer gültigen Aufenthaltsgenehmigung für die BRD war, wurde am 7.9.1972 durch Beamte des Kontrollpunktes Helmstedt mitgeteilt, dass ihm aufgrund der Vorkommnisse in München3 die Einreise in die BRD verweigert wird.

Drei arabische Bürger, die im Besitz eines gültigen Transitvisums waren und sich auf der Transitreise von Warschau nach Paris befanden, wurden am 24.9.1972 bei der Einreise in die BRD an der Grenzübergangsstelle Helmstedt/Eisenbahn zurückgewiesen. Sie wurden laut Angaben der betreffenden Bürger von der Polizei aus dem D-Zug geholt, in einen separaten Raum eingeschlossen und einer Leibesvisitation unterzogen. Ihr Gepäck wurde durchsucht. In die Reisepässe wurde der Vermerk »nach Paragraph 5 Ausländergesetz« eingestempelt.

Am 26.9.1972 wurde ein jordanischer Bürger beim Versuch der Einreise in die BRD durch die Kontrollorgane in Helmstedt zurückgewiesen. In seinem Pass wurde der Zurückweisungsvermerk »Ausländergesetz Paragraph 5 (2) – Helmstedt« festgestellt. Außerdem befand sich im Pass ein Zurückweisungsvermerk der Westberliner Polizei von der Grenzübergangsstelle Waltersdorfer Chaussee.

Der Jordanier war im Besitz einer gültigen Bescheinigung über Asylrecht für die Stadt Bremen.

Am 28.9.1972 wurde ein ägyptischer Staatsbürger, der im Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis für die BRD war, an der BRD-Grenzübergangsstelle Bebra zurückgewiesen. Er wurde bis zur Abfahrt eines Transitzuges (BRD – Westberlin) unter Polizeiaufsicht gestellt und einer intensiven Zollkontrolle unterworfen. Obwohl er nicht die deutsche Sprache beherrscht, wurde ihm von den BRD-Grenzkontrollorganen kein Dolmetscher gestellt.

  1. Zum nächsten Dokument Verhinderte Ausschleusung einer DDR-Bürgerin nach Westberlin

    5. Oktober 1972
    Information Nr. 914/72 über eine verhinderte Ausschleusung einer DDR-Bürgerin nach Berlin (West) am 5. Oktober 1972

  2. Zum vorherigen Dokument Störung im Polyurethankomplexes im VEB Synthesewerk

    5. Oktober 1972
    Information Nr. 910/72 über eine Störung an der Steamreforminganlage des Polyurethankomplexes im VEB Synthesewerk Schwarzheide am 19. September 1972