Eingabe einer polnischen Baustellenleitung in Weißenborn
29. November 1972
Information Nr. 1083/72 über eine Eingabe der polnischen Baustellenleitung auf der Baustelle des VEB Zellstoff- und Papierfabrik Weißenborn, Kreis Freiberg, Bezirk Karl-Marx-Stadt
Dem MfS wurde bekannt, dass am 13.11.1972 die polnische Bauleitung auf der Baustelle des VEB Zellstoff- und Papierfabrik Weißenborn, [Kreis] Freiberg, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt1 ein Schreiben an den Betriebsdirektor des Betriebes richtete, in welchem Forderungen nach Bereitstellung spezieller Waren im Rahmen von Sonderverkäufen erhoben werden.
Auf der Baustelle Weißenborn errichtet »Budimex« Warszawa, AHU für den Export von Bauleistungen, im Rahmen eines Automatisierungsvorhabens des VEB Zellstoff- und Papierfabrik Weißenborn, [Kreis] Freiberg mehrere Werkhallen. Seit zwei Jahren befinden sich durchschnittlich 200 polnische Bauleute in Weißenborn.
In dem Schreiben der polnischen Bauleitung wird auf eine zunehmende Unlust und Unzufriedenheit unter den polnischen Arbeitern hingewiesen, was mit bestehenden Einkaufsschwierigkeiten in den Warenhäusern Freiberg, Dresden und Karl-Marx-Stadt zu begründen versucht wird.
Daraus wird die Forderung abgeleitet, ihnen im Rahmen von Sonderverkäufen auf der Grundlage entsprechender Bestellungen spezielle Artikel wie Schreibmaschinen mit polnischen Schriftzeichen, Akkordeons, Saxophone, Pelzkunststoffe, Lederbekleidung und andere mehr (vollständige Liste der gewünschten Artikel befindet sich in der Anlage) zur Verfügung zu stellen.
Es handelt sich dabei offenkundig um Waren, die gewinnbringend weiterveräußert werden sollen.
Die Betriebsleitung reagierte bisher nicht auf die Eingabe der polnischen Baustellenleitung.
Anlage 1 zur Information Nr. 1083/72
Schreiben der polnischen Baustellenleitung
AHZ für Bauwesen Weißenborn, den 13.11.1972 | »BUDIMEX« u. Z.1102/72 | Warszawa … Polen | BAUBÜRO der Papierfabrik Weißenborn, Kreis Freiberg DDR | Tel. 22–31/363 | G.A.N.
Polnische Baustelle bei der Papierfabrik zu Weißenborn gibt hiermit bekannt, dass die Belegschaft unserer Baustelle letzthin große Unzufriedenheit zeigt – wegen den Schwierigkeiten beim Wareneinkauf in Warenhäusern Freiberg, Dresden bzw. Karl-Marx-Stadt.
In dieser Lage vermindert sich sehr die Attraktivität der Arbeit auf hiesiger Baustelle, weil die Belegschaft keine Möglichkeit hat, zweckmäßig das in der DDR verdiente Geld auszugeben – es fehlen entsprechende Waren.
Im Zusammenhang damit – nach gründlicher Analyse obiger Angelegenheit durch unser Kollektiv – schlagen wir vor, die von [der] Belegschaft gewünschten Waren eventuell zu unserem Sozialgebäude in Weißenborn, Forstweg, zu beziehen.
Wir sind darauf vorbereitet, zweimal in jedem Monat – am 15. und 30. gelegene [sic!] Räume zum Warenverkauf bereitzustellen. Bezugnehmend auf das oben Erwähnte glauben wir, dass Ihre Leitung die Absicht unseres Kollektivs verstehen wird und die Anforderungsangelegenheit unserer Belegschaft zu deren Zufriedenheit erledigen wird.
Anlage 2 zur Information Nr. 1083/72
Aufstellung der Liste mit den geforderten Warenpositionen
- 1.
Strickmaschine Varitas 340 mit doppeltem Brett
- 2.
Reiseschreibmaschine »Erika« mit polnischen Buchstaben
- 3.
Italienische Damenstiefel mit dünner Sohle – Nr. 24 bis 262
- 4.
Italienische Damenstiefel mit harten Sohlen
- 5.
Alt-Saxophon
- 6.
Akkordeon »Weltmeister« mit 80 Bässen
- 7.
Akkordeon »Weltmeister« mit 120 Bässen
- 8.
Kochtöpfe – Kompl.
- 9.
Herren-Velourhemden
- 10.
Pelzkunststoffe
- 11.
Farbige Fernsehapparate Color 20
- 12.
Reibemaschinen für Kartoffeln und Gemüse
- 13.
Teleobjektive für Fotoapparat
- 14.
Belichtungsmesser »Weimar« – Lux CDS
- 15.
Elastische Anzüge und Hosen
- 16.
Lederjacken und Ledermäntel
- 17.
Hartmetallbohrer
- 18.
Teekannen »Jenaglas«
Die Mengen geben wir jedes Mal bei monatlichen Bestellungen an.