Einreise des Westberliner Bischofs
3. Mai 1972
Information Nr. 407/72 über die beabsichtigte Einreise des Westberliner Bischofs Scharf in die Hauptstadt der DDR zu Ostern 1972 und die Reaktion von Mitgliedern der Kirchenleitung Berlin-Brandenburg
Dem MfS wurde intern bekannt, dass der Westberliner Bischof Scharf1 vor der Antragstellung für die Einreise in die Hauptstadt der DDR (Osterzeitraum)2 – die später durch die zuständigen Stellen der DDR abgelehnt wurde – bei Bischof Schönherr3 anfragen ließ, ob sein Besuch bei der Kirchenleitung BerlinBrandenburg erwünscht sei.
Nach dieser Anfrage gab es im engeren Kreis der Kirchenleitung eine Beratung. Bischof Schönherr erhielt dabei den Auftrag, Bischof Scharf mitzuteilen, dass nach Meinung der Teilnehmer der Beratung sein Besuch besser zu einem späteren Zeitpunkt – nach Ratifizierung der Verträge Sowjetunion4/VR Polen5 mit der BRD – erfolgen solle. Ein Besuch zu Ostern könne sich auf die sich entwickelnden Beziehungen zwischen der DDR und der BRD nachteilig auswirken.
Bischof Scharf habe auf diesen Vorschlag geantwortet, dass er trotzdem zu Ostern einreisen und einige Mitglieder der Kirchenleitung inoffiziell besuchen werde.
In der erneuten Beratung der Kirchenleitung wurde Konsistorialrat Hootz, Hansgeorg6 beauftragt, im Falle einer tatsächlichen Einreise von Bischof Scharf ihn während seines Besuches in der Hauptstadt der DDR zu begleiten. Außerdem sollte dann eine Aussprache mit Bischof Scharf in der Kirchenleitung unter Teilnahme einiger Superintendenten erfolgen. Es war vorgesehen, politisch-aktuelle Probleme zu erörtern.
Bischof Schönherr und andere realistisch denkende Mitglieder der Kirchenleitung haben die Ablehnung der Einreise von Bischof Scharf durch die Regierung der DDR mit Genugtuung aufgenommen.
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