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Entwicklung des Reise- und Transitverkehrs (29.3.–5.4.)

7. April 1972
Information Nr. 341/72 über die Abwicklung des Reise- und Besucherverkehrs Westberliner Bürger in die DDR und des Transitverkehrs von zivilen Personen und Gütern zwischen der BRD und Westberlin im Zeitraum vom 29. März bis 5. April 1972

Mit Abschluss der ersten Periode der durch die Geste des guten Willens der DDR zeitweilig wirksamen Erleichterungen und Verbesserungen im Reise- und Besucherverkehr ist festzustellen, dass im Zeitraum vom 29.3.1972 bis 5.4.1972 391 400 Westberliner Bürger (einschließlich Kinder bis zu 16 Jahren) in die DDR eingereist sind.1

Bei dieser Zahl ist zu berücksichtigen, dass an den Grenzübergangsstellen Friedrichstraße, Bornholmer Straße, Sonnenallee, Rudower Chaussee und Drewitz aufgrund des starken Andranges im Reise- und Besucherverkehr besonders an den Schwerpunkttagen ca. 40 000 miteinreisende Kinder (bis zu 16 Jahren) statistisch nicht detailliert erfasst werden konnten. Daraus ergibt sich, dass insgesamt ca. 431 400 Westberliner Bürger (einschließlich Kinder bis zu 16 Jahren), das sind 86 % der 501 590 Westberliner Bürger, die für diesen Zeitraum auf der Grundlage der Antragstellung die Berechtigung zur Einreise in die DDR erhalten hatten, von der Einreisemöglichkeit Gebrauch gemacht haben.

Die ca. 40 000 miteingereisten Kinder wurden in der nachfolgenden Zahlenaufschlüsselung der Einreisen in die Bezirke und die Hauptstadt der DDR nicht mitberücksichtigt.

Von den 391 400 in die DDR eingereisten Westberliner Bürgern erfolgten

  • 229 500 Einreisen (= 58,4 %) in die Hauptstadt der DDR und

  • 161 900 Einreisen (= 41,6 %) zur Weiterreise in die Bezirke der DDR.

Davon reisten in die einzelnen Bezirke in folgendem Umfang Westberliner Bürger ein:

Bezirk Potsdam

65 029 Personen

(= 16,8 % aller eingereisten Westberliner Bürger)

Bezirk Frankfurt/Oder

28 074 Personen

(= 7,3 % aller eingereisten Westberliner Bürger)

Bezirk Cottbus

11 415 Personen

(= 2,9 % aller eingereisten Westberliner Bürger)

Bezirk Halle

10 805 Personen

(= 2,8 % aller eingereisten Westberliner Bürger)

Bezirk Magdeburg

8 356 Personen

(= 2,2 % aller eingereisten Westberliner Bürger)

Bezirk Neubrandenburg

7 615 Personen

(= 1,9 % aller eingereisten Westberliner Bürger)

Bezirk Dresden

7 011 Personen

(= 1,8 % aller eingereisten Westberliner Bürger)

Bezirk Leipzig

4 965 Personen

(= 1,2 % aller eingereisten Westberliner Bürger)

Bezirk Karl-Marx-Stadt2

4 305 Personen

(= 1,1 % aller eingereisten Westberliner Bürger)

Bezirk Rostock

3 881 Personen

(= 1,0 % aller eingereisten Westberliner Bürger)

Bezirk Schwerin

3 685 Personen

(= 0,9 % aller eingereisten Westberliner Bürger)

Bezirk Erfurt

3 025 Personen

(= 0,8 % aller eingereisten Westberliner Bürger)

Bezirk Gera

2 683 Personen

(= 0,7 % aller eingereisten Westberliner Bürger)

Bezirk Suhl

1 051 Personen

(= 0,2 % aller eingereisten Westberliner Bürger)

Die Tage vom 31.3.1972 (Karfreitag) bis 2.4.1972 (Ostersonntag) bildeten mit 74 % aller Einreisen die absoluten Schwerpunkte in der Einreise.

An den einzelnen Schwerpunkttagen wurden in folgendem Umfang Westberliner Bürger an den GÜST zur Einreise in die DDR abgefertigt:

[Datum]

Einreisende Westberliner

davon in die Hauptstadt

in die Bezirke

31.3.1972

120 164

61 678

58 486

1.4.1972

92 505

41 457

51 048

2.4.1972

75 362

48 517

26 845

Die Mehrzahl der eingereisten Westberliner Bürger hat von der Möglichkeit eines zwei- bzw. dreitägigen Aufenthaltes Gebrauch gemacht.

Davon ausgehend haben sich an den einzelnen Tagen mehr Westberliner Bürger in der DDR aufgehalten, als am jeweiligen Tag eingereist waren.

Demnach waren am

  • 31.3.1972 133 109 Westberliner Bürger

  • 1.4.1972 180 434 Westberliner Bürger

  • 2.4.1972 212 475 Westberliner Bürger

in der DDR aufenthältlich.

An diesen Tagen hielten sich außerdem noch durchschnittlich 40 000 Bürger sozialistischer Staaten sowie der BRD und anderer nichtsozialistischer Staaten in der DDR auf.

Nach Beendigung der ersten Besuchsperiode ist festzustellen, dass von ca. 70 000 Berechtigungen für eine Einreise in die DDR kein Gebrauch gemacht wurde.

Das entspricht 14 % aller für die erste Besuchsperiode erteilten Berechtigungen.

Für die Nichtnutzung der Berechtigungen sind vor allem folgende Gründe charakteristisch:

  • Von einer Reihe DDR-Bürgern und auch Westberliner Bürgern erfolgte die Beantragung von Einreisen in die DDR auf »Reserve«, vielfach ohne vorherige Abstimmung zwischen diesen Personen und auch häufig nur mit der Absicht der Einreise, ohne jedoch konkrete Schritte zur Realisierung zu unternehmen.

  • In bestimmtem Umfang wurden Anträge sowohl durch DDR-Bürger als auch durch Westberliner Bürger gestellt.

  • Mehrfach wurden Anträge für Einreisen an verschiedenen Tagen und über verschiedene GÜST gestellt, um sich die günstigste Möglichkeit der Einreise aussuchen zu können.

  • Bei den durch Westberliner Bürger beabsichtigten eintägigen Einreisen in die DDR zu touristischen Zwecken war vielfach das ungünstige Reisewetter zu den Feiertagen Anlass, um von der Einreise Abstand zu nehmen.

  • Des Weiteren erfolgten Rücktritte von der Einreise aus den verschiedenartigsten familiären Gründen.

Mit der Beendigung der ersten Besuchsperiode befanden sich noch insgesamt 197 Westberliner Bürger in der DDR. Es handelt sich dabei um Erkrankungen und um solche Fälle, bei denen aus dringenden familiären und humanitären Gründen den diesbezüglichen Ersuchen Westberliner Bürger oder ihrer Gastgeber in der DDR auf Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung nach gründlicher Prüfung der Gründe und Personen durch die zuständigen staatlichen Organe stattgegeben wurde.

Die Abfertigung der ein- und ausreisenden Westberliner Bürger an den Grenzübergangsstellen der DDR verlief im Wesentlichen zügig und reibungslos. An den Schwerpunkttagen der Einreise (31.3. bis 2.4.1972) wurde bereits in der Zeit von 0.00 bis 3.00 Uhr mit der Abfertigung begonnen und auch am letzten Ausreisetag, dem 5.4.1972, in entgegenkommender Weise die vereinfachte Abfertigung der Westberliner Bürger bis zum 6.4.1972, 2.00 Uhr, fortgeführt. Die an den Schwerpunkttagen vereinzelt aufgetretenen Stauungen (bis zu 20 bis 30 Minuten) konnten kurzfristig beseitigt werden. Die Westberliner Bürger äußerten sich an den GÜST häufig anerkennend über die zügige, korrekte und höfliche Abfertigung.

Schwerpunkte der Abfertigung der Ein- und Ausreisen Westberliner Bürger im gesamten ersten Besuchszeitraum bildeten mit 60 % des Gesamtreisestromes Westberliner Bürger die Grenzübergangsstellen

  • Bahnhof Friedrichstraße (350 000 Abfertigungen)

  • Bornholmer Straße (75 000 Abfertigungen, 11 000 Kfz)

  • Sonnenallee (70 000 Abfertigungen, 12 600 Kfz)

Die bei der Grenzpassage durch die Zollverwaltung der DDR getroffenen Feststellungen über die Ein- und Ausfuhr von Waren durch Westberliner Bürger ergaben, dass die Zollbestimmungen der DDR im Wesentlichen eingehalten wurden.

Von Westberliner Bürgern wurden in der Einreise vor allem Nahrungs- und Genussmittel sowie Kleintextilien als Geschenkwaren mitgeführt, während die Warenbewegung bei der Ausreise vor allem durch die Ausfuhr von Souvenirs, Spielzeug, Büchern (u. a. Klassiker des Marxismus-Leninismus) und kunstgewerblichen Gegenständen gekennzeichnet war.

Bei vereinzelt aufgetretenen wesentlichen Verstößen gegen die Zollbestimmungen wurden die notwendigen Entscheidungen, entsprechend dem Grundanliegen der Geste des guten Willens, getroffen.

Die Transportabwicklung bei der Einreise in die Hauptstadt und von der Hauptstadt in die Bezirke sowie der Rückreiseströme erfolgte gleichfalls zügig und ohne wesentliche Vorkommnisse.

Die im Zusammenwirken mit dem Ministerium des Innern und dem Ministerium für Verkehrswesen getroffenen Maßnahmen zur Abwicklung der Reise- und Verkehrsströme erwiesen sich als zweckmäßig.

Die innere Ordnung und Sicherheit in der DDR war zu jeder Zeit gewährleistet. Die Mehrzahl der eingereisten Westberliner Bürger hat sich während des Aufenthaltes in der DDR diszipliniert verhalten.

Im Zusammenhang mit der Einreise und dem Aufenthalt Westberliner Bürger kam es zu keinen ernsthaften Vorkommnissen.

Die umfassenden und zielgerichteten vorbeugenden Maßnahmen der Schutz- und Sicherheitsorgane, insbesondere das enge Zusammenwirken der an der Lösung der Aufgaben beteiligten Organe, haben sich bewährt.

Die mit der Geste des guten Willens zeitweilig in Kraft gesetzten Regelungen des Abkommens über den Transit von zivilen Personen und Gütern zwischen der BRD und Westberlin3 fanden bei den Transitreisenden breite Zustimmung.

Die Resonanz dieser Maßnahmen findet ihren Ausdruck u. a. in einem wesentlichen Anstieg der im wechselseitigen Transitverkehr BRD – WB verkehrenden Personen und Kraftfahrzeuge im Vergleich zum Osterzeitraum des Jahres 1971.

Gegenüber 1971 erhöhte sich die Zahl der Transitreisenden um 9 % und die Zahl der Kraftfahrzeuge um 21 %.

In der Zeit vom 29.3.1972 bis 5.4.1972 wurden im wechselseitigen Transitverkehr zwischen der BRD und Westberlin insgesamt 426 829 Personen und 151 235 Kfz abgefertigt, davon reisten 187 654 Personen von der BRD nach WB und 202 691 Personen von WB nach der BRD.

Diese Transitreisenden untergliedern sich in

  • 186 334 Bürger der BRD

  • 208 897 Bürger Westberlins

  • 26 819 Bürger nichtsozialistischer Staaten

  • 4 779 Bürger sozialistischer Staaten.

Bei den im Transitverkehr abgefertigten Kraftfahrzeugen handelte es sich um:

  • 138 682 Pkw

  • 11 196 Lkw

  • 1 357 KOM.

Das entspricht einer Steigerungsrate um 22 % bei Pkw und um 4 % bei Lkw im Vergleich zum Osterzeitraum 1971.

Im Eisenbahnverkehr wurden in dieser Zeit insgesamt 193 Transitreisezüge mit 56 521 Personen abgefertigt.

Die Abfertigung des Transitverkehrs erfolgte an allen Grenzübergangsstellen sowie in der Transportabwicklung auf allen Transitwegen zügig und reibungslos. Aufgetretene kurzzeitige Stauungen, besonders an den Schwerpunkttagen 31.3. und 3.4./4.4.1972, wurden schnell beseitigt.

Den größten Anteil an der Abfertigung der insgesamt aufgetretenen Reiseströme, d. h. auf den wechselseitigen Transitverkehr BRD – Westberlin und die Ein- und Ausreise Westberliner Bürger bezogen, hatte die Grenzübergangsstelle Drewitz.

Im Zeitraum vom 29.3.1972 bis 5.4.1972 wurden an der GÜST Drewitz ca. 78 000 ein- bzw. ausreisende Westberliner Bürger sowie ca. 334 000 Transitreisende abgefertigt.

Von den Transitreisenden wurden vielfach die erleichterten Transitbedingungen begrüßt, insbesondere die vereinfachte pass- und zollmäßige Abfertigung sowie Visaerteilung.

Die für den Gütertransport vorgesehenen Regelungen des Transitabkommens konnten bisher noch nicht in vollem Umfang zur Anwendung kommen, da seitens der BRD die im Transitabkommen übernommenen Verpflichtungen, besonders hinsichtlich der zollverschlusssicheren Einreichung von Lkw noch nicht erfüllt werden konnten. In einzelnen Fällen, wo diese Bedingungen der zollverschlusssicheren Einrichtung von Lkw erfüllt waren, wurde die Abfertigung entsprechend den Festlegungen im Transitabkommen vorgenommen.

Durch die in Zusammenarbeit mit den Organen des MdI realisierten Maßnahmen zur Sicherung der Transitwege und -strecken wurden eine Reihe von Hinweisen auf Missbrauchshandlungen im Sinne des Artikels 164 des Transitabkommens festgestellt. Das betrifft besonders:

  • Organisiertes Ablegen westlicher Presseerzeugnisse auf Parkplätzen;

  • Abweichungen von den Transitstrecken;

  • Mitnehmen von Bürgern der DDR in Kfz der Transitreisenden;

  • Unberechtigte Mitführung und Benutzung von Funksendeanlagen;

  • Unberechtigtes Halten und Parken durchgehender Autobusse auf Parkplätzen, die nicht dafür vorgesehen sind.

Es erfolgte die notwendige Dokumentierung und weitere Aufklärung dieser Vorkommnisse.

Entsprechend der Zielsetzung der Geste des guten Willens wurden bisher keine Sanktionen verhängt.

  1. Zum nächsten Dokument Transitvisa nach der 1. Periode des Transitabkommens

    7. April 1972
    Information Nr. 343/72 über die Beantragung und Erteilung von Transitvisa im wechselseitigen Transitverkehr zwischen der BRD und Westberlin nach der ersten Periode der zeitweiligen Inkraftsetzung des Transitabkommens zwischen der DDR und der BRD

  2. Zum vorherigen Dokument Westberliner Einreisen und Transitverkehr am 30.3.1972 (7)

    6. April 1972
    Information Nr. 332/72 über die Abfertigung des Einreiseverkehrs Westberliner Personen in die Hauptstadt und die Bezirke der DDR sowie des wechselseitigen Transitverkehrs zwischen der BRD und Westberlin am 5. April 1972