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Probleme im Ministerium des Innern und seinen Organen

16. August 1972
Hinweise zu grundsätzlichen Problemen der Situation im Ministerium des Innern und einigen nachgeordneten Organen [K 2/4a]

In den letzten Jahren hat sich die kameradschaftliche Zusammenarbeit zwischen dem MfS und den Organen des MdI auf allen Ebenen weiter gefestigt und vertieft.

Die von Partei und Regierung gestellten Aufgaben zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung der DDR sind durch aufeinander abgestimmte Pläne und Maßnahmen durch einen effektiveren und rationelleren Einsatz der Kräfte und Mittel immer besser erfüllt worden.

Die Resultate der guten Zusammenarbeit fanden und finden ihren Niederschlag u. a. in der qualifizierten Bewältigung der im Zusammenhang mit der Geste des guten Willens1 und dem Inkrafttreten der Abkommen und Vereinbarungen2 von Partei und Regierung gestellten Aufgaben, bei anderen politischen Ereignissen, Aktionen sowie Maßnahmen und bei der Lösung aufgetretener Schwerpunkte der Sicherheit und Ordnung.

Dazu hat wesentlich die Vertiefung der Zusammenarbeit, insbesondere das fruchtbare und schöpferische Zusammenwirken der Leiter auf allen Ebenen beigetragen.

Diese Entwicklung wurde durch den Genossen Dickel3 wirksam unterstützt, der der Zusammenarbeit mit dem MfS große Bedeutung beimisst, für die Sicherheit und Ordnung bedeutsame Maßnahmen mit dem MfS abstimmt, auf entsprechende Hinweise und Vorschläge reagiert und für eine Veränderung der Lage und Situation sorgt.

Das bezieht sich auch auf die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in den Organen des MdI.

Ungeachtet dieser positiven Entwicklung gibt es jedoch nach wie vor eine Reihe hemmender Faktoren in der Erfüllung der Aufgaben des MdI zu überwinden, die im bestimmten Maße die Mitarbeiter des MdI bewegen, aber nach unseren Erkenntnissen nicht im erforderlichen Maße angesprochen bzw. ausgesprochen werden und deshalb auch nicht zu entsprechenden Maßnahmen zur Veränderung der Lage auf diesen Gebieten führen.

Zur Führungs- und Leitungstätigkeit im MdI

Aus dem MdI und den nachgeordneten Organen gibt es eine größere Anzahl von Hinweisen, dass die Führungs- und Leitungstätigkeit im Ministerium seit geraumer Zeit nicht den Anforderungen entsprechen soll.

Der Genosse Dickel sei psychisch und physisch – bedingt auch durch die nicht ausreichende Unterstützung seitens seiner Stellvertreter – den Aufgaben nicht mehr im vollen Umfange gewachsen.

Dazu würde auch beitragen, dass der Genosse Dickel als Minister des Innern gleichzeitig die Funktion des Chefs der DVP, des Leiters der Zivilverteidigung und des Vorsitzenden der Zentralen Katastrophenkommission ausübe.

Mit dem Einsatz des Genossen Dickel als Minister des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei haben sich zunächst – besonders hinsichtlich des Zusammenwirkens mit den nachgeordneten Organen (besonders BDVP, VPKÄ) – einige wesentliche, die Erfüllung der Aufgaben unterstützende Veränderungen vollzogen.

Diese Veränderungen bestehen insbesondere darin, dass

  • das Prinzip der Einzelleitung durchgesetzt wurde und die Einführung anderer Prinzipien der militärischen Führungs- und Leitungstätigkeit erfolgte;

  • auf allen Ebenen (MdI, BDVP, VPKÄ) Stäbe geschaffen wurden;

  • die Überarbeitung aller Grundsätze und Prinzipien der volkspolizeilichen Arbeit erfolgte und entsprechende Grundsätze für die Arbeitsweise der BDVP und VPKÄ geschaffen wurden und

  • konkretere Bestrebungen zur Einführung einer festen militärischen Ordnung und Disziplin unternommen wurden.

Diese Veränderungen – besonders ihre teilweise überspitzte Durchsetzung, seien jedoch einhergegangen mit einer Veränderung der Arbeitsweise des MdI zu einem stark ministeriell arbeitenden Verwaltungsorgan und mit einer bestimmten Einengung der Möglichkeiten des operativen Wirksamwerdens der Stellvertreter des Ministers sowie der Leiter der Verwaltungen und HA auf ihren Linien bis in die BDVP und VPKÄ.

Die Stellvertreter des Ministers haben demnach keine Möglichkeit mehr, Befehle und Weisungen gegenüber den BDVP und VPKÄ zu erlassen, da sich derartige Entscheidungen der Minister vorbehalten würde. Ihre Hauptaufgabe bestehe im Wesentlichen in der Zuarbeit von diesbezüglichen Problemen für den Minister sowie in der Anleitung der ihnen unterstellten Leiter der Verwaltungen und HA im MdI.

Hemmend auf die gesamte Führungs- und Leitungstätigkeit im MdI soll sich die Doppelfunktion – Minister des Innern und Chef der DVP – auswirken, da die in diesen Funktionen zu lösenden Grundsatzaufgaben vom Umfang her durch eine Person nur schwer zu bewältigen wären.

Obwohl zur Entlastung des Ministers des Innern die Funktion eines Stellvertreters des Chefs der DVP geschaffen worden sei, besitze dieser nur geringe Entscheidungsbefugnisse, würde deshalb nicht ausreichend wirksam und fungiere mehr oder weniger nur als »Gehilfe des Ministers«.

Die vorgenannten Faktoren sowie die überspitzte Durchsetzung des Kommandeurprinzips durch den Minister des Innern sollen im Wesentlichen ursächlich für die nicht zufriedenstellende Wirksamkeit der Leitung des MdI sein.

In diesem Zusammenhang wird auch auf eine Anzahl von Kaderveränderungen in leitenden Dienststellungen innerhalb des MdI seit 1971 verwiesen.

Der Leiter der Politischen Verwaltung, Genosse Helbig,4 ist wegen unzureichender Aufgabenerfüllung von seiner Funktion entbunden worden.

Aus gleichen Gründen wurden der Leiter der HA –K–, Genosse Strauß5 (seit 1960 der 5. Leiter), der Leiter der HA Schutzpolizei, Genosse Münchow6 (seit 1960 der 4. Leiter), und der Leiter der Hochschule der DVP, Genosse Gerhardt7 (seit 1960 der 5. Leiter), von ihren Funktionen entbunden.

Von den 20 leitenden Kadern im MdI (Leiter der Verwaltungen und HA und deren Stellvertreter) sind elf weniger als zwei Jahre in diesen Dienststellungen tätig.

Der häufige Wechsel von Kadern auf diesen Leitungsebenen hat offenkundig zum Teil negative Auswirkungen auf eine kontinuierliche Aufgabenerfüllung im MdI.

Die gesamte Situation in der Leitung des MdI soll noch dadurch kompliziert werden, dass sich im Arbeitsstil des Genossen Dickel solche Tendenzen zeigen würden wie

  • übermäßige Gereiztheit, besonders dann, wenn es Schwierigkeiten in der Aufgabenerfüllung gibt;

  • Verzettelung bei der Lösung der Aufgaben und Heranziehen von Problemen, die von seinen Stellvertretern gelöst werden könnten und müssten;

  • zunehmende Beschäftigung mit Aufgaben, die keine Schwerpunkte darstellen;

  • einseitige Betrachtung der Lage und Situation.

In letzter Zeit gibt es Hinweise, dass Genosse Dickel selbst unzufrieden und deprimiert sein soll, da er, um notwendige Absprachen zu führen, oft nur an den Apparat der Sicherheitsabteilung des ZK herankomme bzw. von dieser Seite vielfach vor vollendete Tatsachen gestellt werde. Unter derartigen Umständen sei es sicher seine »letzte Amtsperiode«, da er sich als Innenminister an die »Wand gespielt« fühle.

Beachtenswert sind in diesem Zusammenhang auch bestimmte Hinweise auf Mängel und Schwächen in der Führungs- und Leitungstätigkeit seiner Stellvertreter.

Nach vorliegenden Hinweisen soll der 1. Stellvertreter des Ministers des Innern, Staatssekretär Genosse Grünstein,8 seine Aufgaben nicht in der erforderlichen Qualität erfüllen. Er würde eine straffe Leitung der ihm anvertrauten Prozesse und der ihm unterstellten Leiter vermissen lassen.

Der Arbeitsstil des Genossen Grünstein soll Züge von Bequemlichkeit zeigen; er würde große persönliche Anstrengungen scheuen, die Realisierung der vorgegebenen Aufgaben nicht genügend konsequent verfolgen und kontrollieren: und den unterstellten Leitern keine klare Orientierung geben.

Durch Genossen Grünstein würden viele Probleme völlig unplanmäßig und spontan aufgegriffen. Grundsatzprobleme würden erst nach mehrmaligen Weisungen einer Lösung zugeführt, wobei die Qualität der entsprechenden Dokumente oft unzureichend sei. Die Ausarbeitung erforderlicher Unterlagen, wie z. B. zum Bildungssystem und zur Neuprofilierung der Hochschule der DVP, wäre erst nach mehrmaliger Weisung erfolgt.

Genosse Grünstein sei wiederholt in der Leitung des MdI kritisiert worden, weil er Festlegungen, die seinen Verantwortungsbereich betrafen, den ihn unterstellten Leitern nicht entsprechend mitgeteilt bzw. sie in abgeschwächter oder abgeänderter Form dargelegt hätte.

Diesbezüglich soll es permanente Auseinandersetzungen zwischen dem Genossen Dickel und Genossen Grünstein geben.

Mitarbeiter des MdI äußern, dass man mit Genosse Grünstein nicht diskutieren könne, da er sehr rechthaberisch sei und andere Argumente nicht gelten lasse. Er ändere dauernd seine Auffassungen und sei sehr nachtragend, was eine schöpferische und kritische Zusammenarbeit erschwere.

Die Ehefrau des Genossen Grünstein soll auf ihn einen großen Einfluss ausüben und über die Belange des MdI gut informiert sein.

Als weiterer Stellvertreter des Ministers des Innern und Leiter der Hauptinspektion im MdI fungiert Genosse Seifert.9 Ihm ist weiter die Hauptabteilung VP-Bereitschaften und Kampfgruppen10 unterstellt.

Seit ca. zehn Jahren soll nach vorliegenden Hinweisen Genosse Seifert im Mittelpunkt der Kritik innerhalb der Leitung des MdI bzw. der Kreisleitung der SED stehen, da sein Leitungsstil nicht den Anforderungen entspricht, keine zielstrebige Anleitung der ihm unterstellten Leiter erfolgen würde und gegebene Weisungen nicht konsequent und zielstrebig durchgesetzt würden. Genosse Seifert scheue sich, persönliche Verantwortung zu tragen. Es sei im MdI bekannt, dass Probleme, die von ihm entschieden werden müssen, hinausgezögert bzw. an seinen Stellvertreter delegiert würden. Es gibt weiter Hinweise, dass die ständige Kritik an seiner Person bei ihm zu der Einstellung geführt habe, dass er nicht mehr in der Lage sei, die ihm gestellten Aufgaben zu erfüllen.

Weiter in diesem Zusammenhang bekannt gewordene Verhaltensweisen des Genossen Seifert sind zunehmende Ratlosigkeit, Unentschlossenheit und Verzweiflung.

Genosse Seifert soll nach vorliegenden Hinweisen stark dem Alkohol zusprechen. Diesbezügliche Informationen gibt es schon seit längerer Zeit. Es sei wiederholt festgestellt worden, dass Genosse Seifert während der Dienstzeit und in Zeiten erhöhter Einsatzbereitschaft, bei Beratungen und besonderen Anlässen [Passage mit schutzwürdigen Informationen nicht wiedergegeben].

Durch die Parteiorganisation und Leitung des MdI sei diesbezüglich auf ihn eingewirkt worden, [Passage mit schutzwürdigen Informationen nicht wiedergegeben] einzustellen, was er auch – zumindest in der Dienstzeit – tat.

Gegenwärtig soll jedoch wieder der Zustand zu verzeichnen sein, dass Genosse Seifert während der Dienstzeit [Passage mit schutzwürdigen Informationen nicht wiedergegeben].

Beachtenswert ist auch ein entsprechender Hinweis, dass Genosse Seifert zur klassenmäßigen Erziehung der Kampfgruppen der Arbeiterklasse die Auffassung vertreten habe, Rückkehrer und Erstzuziehende11 sollten aus den Kampfgruppen erst dann herausgelöst werden, wenn eine feindliche Haltung zur DDR offensichtlich wäre.

Stellvertreter des Ministers des Innern und verantwortlich für die zivilen Dienstzweige des MdI, wie Vermessungs- und Kartenwesen, staatliche Archivverwaltung, meteorologischer Dienst, Abteilung für Sorbenfragen, ist Genosse Marterer.12

Genosse Marterer habe die Aufgabe der Führung und Leitung der zivilen Dienstzweige des MdI übernommen, ohne die geringste Sachkenntnis auf diesem Gebiet zu besitzen.

Nach vorliegenden Hinweisen soll Genosse Marterer, dem die erforderliche Qualifikation fehle, kaum Ansätze einer den Erfordernissen entsprechenden wissenschaftlichen Führungs- und Leitungstätigkeit erkennen lassen. Sein Arbeitsstil sei sporadisch und unkonzentriert. Er würde gegebene Weisungen des Ministers des Innern nicht zielstrebig durchsetzen, sei in seinen Entscheidungen unsicher und kumpelhaft.

Es gibt weiter Hinweise, dass Genosse Marterer [Passage mit schutzwürdigen Informationen nicht wiedergegeben]. Dieser Fakt sei im Kollektiv der ihm unterstellten Mitarbeiter bekannt und habe negative Auswirkungen auf seine Autorität und die gesamte Arbeitsatmosphäre.

Stellvertreter des Chefs der Deutschen Volkspolizei ist seit 1971 der Genosse Oberst Reuther.13 Ihm unterstehen die operativen Dienstzweige Schutzpolizei, Kriminalpolizei, Verkehrspolizei, Transportpolizei sowie das Pass- und Meldewesen.

Genosse Reuther würde nach bisherigen Einschätzungen große Anstrengungen unternehmen, um seiner Funktion gerecht zu werden. Bedingt durch seinen bisherigen Einsatz überwiegend auf dem Gebiet des Pass- und Meldewesens, verfügt er jedoch noch nicht über ausreichende Erfahrungen hinsichtlich des Einsatzes der operativen Hauptkräfte der DVP, woraus auch bestimmte Unsicherheiten resultieren würden. Probleme, die einer Lösung bedürfen, würden noch nicht im erforderlichen Maße aufgegriffen und – unter Beachtung der bereits aufgezeigten Probleme zu seiner Funktion – noch nicht konsequent genug durchgesetzt. Er würde sich vielfach von den Tagesaufgaben treiben lassen bzw. nur auf die durch den Genossen Dickel jeweils dazu gestellten Aufgaben konzentrieren.

Die Leitungsproblematik im MdI wird – nach vorliegenden Hinweisen – weiter dadurch charakterisiert, dass zur komplexen Führung der DVP und der anderen Organe des MdI ein Stab existiert (gleiche Stäbe existieren in den BDVP und VPKÄ), der als Instrument des Ministers eine ununterbrochene, straffe und sichere Leitung gewährleisten soll.

Die Stellvertreter des Ministers des Innern haben gegenüber dem Stab im MdI und den nachgeordneten Stabsorganen kein Weisungsrecht und können Aufgaben und Probleme, die ihre Verantwortungsbereiche betreffen, im Prinzip nur über den Minister durchsetzen.

Diese Stäbe, die über erhebliche Befugnisse verfügen, sind z. B. auch für die ständige Analysierung der volkspolizeilichen Lage und für die Lageinformation an die Leiter der einzelnen Dienstzweige der DVP verantwortlich. Zu diesem Zweck laufen nach vorliegenden Hinweisen alle Meldungen über Vorkommnisse u. a. Probleme über die Stäbe bis zum Stab des MdI. Durch die Ausschaltung der einzelnen Dienstzweige beim Informationsfluss und bei der Informationserarbeitung soll es in bestimmtem Umfange zu einer nicht immer sachbezogenen Einschätzung der Lage kommen. So sei z. B. die HA Kriminalpolizei in vieler Hinsicht nicht über die konkreten Erscheinungsformen der Kriminalität in der DDR orientiert, dass die Leiter der Kriminalpolizei in den BDVP und VPKÄ keine diesbezügliche Meldepflicht auf ihrer Linie an die HA –K– hätten.

Das würde sich hemmend auf das operative Wirksamwerden dieser Organe gegenüber den nachgeordneten Dienststellen auswirken.

Da der Stab des MdI z. B. gegenüber den operativen Dienstzweigen keine Anleitungspflicht habe (dies sei Sache des Stellvertreters des Chefs der DVP), würden diese und andere Unzulänglichkeiten des Zusammenwirkens der Stäbe mit den operativen Dienstzweigen der DVP oft zu Schwierigkeiten führen.

Da der Stellvertreter des Chefs der DVP ebenfalls kein Weisungsrecht gegenüber dem Stab im MdI habe, würde sich ein solcher Zustand für die gesamte Führungs- und Leitungstätigkeit im MdI und besonders in den operativen Dienstzweigen erschwerend auswirken.

Aus dieser Situation resultierend soll es nach vorliegenden Hinweisen im MdI teilweise zwei Führungslinien geben, einerseits die des Stabes, andererseits die des Stellvertreters des Chefs der DVP, was zur Beeinträchtigung der Operativität führen würde.

Diese Probleme in der Führungs- und Leitungstätigkeit sollen auch dazu geführt haben, dass bei Beratungen mit den Chefs der BDVP und anderen verantwortlichen Leitern des MdI diese von sich aus in den seltensten Fällen zu den aufgeworfenen Problemen ihre Meinung sagen, da sie, wenn sie von der Meinung des Genossen Dickel abweichen, vielfach unsachlich kritisiert und oft beleidigend behandelt würden.

Eine Reihe von Leitern und Stellvertretern soll zu der Schlussfolgerung gelangt sein, dass es keinen Sinn habe, das anzusprechen, was sie im Prozess der Arbeit bewegt sowie um Rat und Tat zur Unterstützung ihrer Arbeit nachzusuchen.

Mit unter diesem Aspekt des Unbefriedigtseins seien auch die in verschiedenen BDVP und VPKÄ ersichtlichen Entpflichtungstendenzen von Offizieren zu sehen.

Zur Kaderlage in den BDVP

Die gegenwärtige Kadersituation und -entwicklung in den BDVP, besonders Leitungsfunktionen betreffend, weist auf bestimmte Schwierigkeiten hin, die Auswirkungen auf die Aufgabenerfüllung dieser Organe insgesamt haben.

Seit 1969 hat es in Leitungsfunktionen der BDVP (insgesamt 86) 22 Kaderveränderungen gegeben. Das betrifft sechs Chefs von BDVP, neun 1. Stellvertreter, vier Stabschefs, drei Politstellvertreter.

In den Chefleitungen der BDVP sind in ihren Funktionen tätig:

  • über sechs Jahre 51,4 % der Leitungskader

  • vier bis sechs Jahre 19,4 % der Leitungskader

  • zwei bis vier Jahre 15,3 % der Leitungskader

  • unter zwei Jahre 13,9 % der Leitungskader

Obwohl insgesamt 84,9 % der Leitungskader in den BDVP über einen Hochschulabschluss verfügen würden (Chefs der BDVP 65,3 %, 1. Stellvertreter 93,8 %, Stellvertreter 100,0 %, Stabschefs 80 %, Politstellvertreter 87,5 %, Stellvertreter VD 93,3 %), sei das Qualifikationsniveau bei einer Reihe von Kadern noch nicht ausreichend.

Charakteristisch sei, dass die Auswahl von Kadern für die Funktion als Chef einer BDVP, aber auch für die neu geschaffene Funktion des Stellvertreters, dessen Hauptaufgabe in der wirksamen Anleitung der ihm unterstellten Dienstzweige (Kriminalpolizei, Schutzpolizei, Verkehrspolizei, Transportpolizei, Pass- und Meldewesen) bestehen soll, große Schwierigkeiten bereite, da nicht genügend Reserve bzw. Nachwuchskader vorhanden wären.

Die komplizierte Situation bei Leitungskadern würde sich auch auf der Ebene der VPKÄ widerspiegeln. Seit 1969 wären 60 Kaderveränderungen bei Amtsleitern erfolgt.

Auswirkungen dieser komplizierten Kadersituation würden sich gleichfalls bei mittleren leitenden Kadern in den BDVP und VPKÄ zeigen.

Zur Aufgabenerfüllung sowie operativen Wirksamkeit wichtiger Dienstzweige der DVP

Von der Kriminalpolizei wurden nach vorliegenden Hinweisen große Anstrengungen zur Erhöhung der Effektivität der Kriminalitätsbekämpfung unternommen, was seinen Niederschlag auch in höheren Aufklärungsergebnissen bei begangenen Straftaten sowie bei der Einleitung vorbeugender Maßnahmen zur rechtzeitigen Aufdeckung und Verhinderung krimineller Handlungen gefunden hat. Es erfolge zunehmend ein konzentrierter Einsatz der Kräfte und Mittel zur Bekämpfung von Schwer- und Brennpunkten.

Die erhöhten Anstrengungen zur Kriminalitätsbekämpfung hätten auch in der seit Mitte 1970 vollständigen Aufklärung aller Tötungsverbrechen, in der höheren Wirksamkeit der Verhinderung von Angriffen auf die Staatsgrenzen der DDR und in der vorbeugenden Tätigkeit gegenüber Gruppierungen krimineller bzw. gefährdeter Jugendlicher und Jungerwachsener ihren Niederschlag gefunden.

Die Leitungskader der Kriminalpolizei würden es zunehmend besser verstehen, das Prinzip der schwerpunktmäßigen und differenzierten Kriminalitätsbekämpfung zu verwirklichen.

Mängel in der kriminalpolizeilichen Tätigkeit zeigten sich besonders

  • in einer noch nicht ausreichenden und gründlichen Analyse der Lage und Situation auf dem Gebiet der Kriminalitätsentwicklung und der rechtzeitigen Durchsetzung von Maßnahmen zur Bekämpfung neuer Erscheinungsformen der Kriminalität;

  • bei der Aufklärung von Straftaten mit unbekannten Tätern, der latenten Kriminalität im Bereich der Volkswirtschaft sowie bei der Einbeziehung der Bevölkerung in die vorbeugende Arbeit zur Verhinderung von kriminellen Handlungsweisen;

  • im Einsatz und der Qualifizierung spezieller (inoffizieller) Mittel und Methoden bei der Bekämpfung der latenten Kriminalität sowie der Erscheinungsformen schwerer krimineller Verbrechen.

Nach vorliegenden Informationen wird es für erforderlich erachtet, die kriminalpolizeiliche Tätigkeit noch mehr zu konzentrieren

  • auf die unmittelbare Einflussnahme in den nachgeordneten Dienststellen (BDVP – VPKÄ) zur Durchsetzung bestehender Befehle und Weisungen des Ministers des Innern und der Chefs der BDVP zur Lösung von Schwerpunktaufgaben, wie z. B. der Bekämpfung der Kriminalität in den Großstädten der DDR;

  • auf die Bekämpfung solcher Kriminalitätserscheinungen wie Straftaten mit überörtlichem Charakter und besonders gesellschaftsgefährliche Straftaten, wie z. B. Straftaten mit großen volkswirtschaftlichen Schäden in bedeutenden ökonomischen Bereichen;

  • auf die Qualifizierung der analytischen Arbeit, nicht nur hinsichtlich der zahlenmäßigen bzw. örtlichen Entwicklung bestimmter Straftatenkategorien, sondern auch hinsichtlich der Arbeitsweise und -methoden der Straftäter und der daraus abzuleitenden Vorschläge für effektivere Lösungsvarianten (z. B. zur Entwicklung von Spezialisten auf Bezirks- und Kreisebene, zur Teilnahme an der Bearbeitung von wichtigen Vorgängen usw.).

Verbessert werden sollte nach vorliegenden Hinweisen auch die gesamte Fahndungstätigkeit der Kriminalpolizei in der Richtung,

  • dass eine noch zielgerichtetere Personenkontrolle organisiert und durchgesetzt wird;

  • dass eine weitere Qualifizierung der Tätigkeit der operativen Fahndungsgruppen in den Großstädten und das Zusammenwirken mit den Bruderorganen der sozialistischen Länder, besonders VR Polen und ČSSR, erfolgt;

  • dass entsprechende Fahndungsvarianten zur Suche nach Westberliner und westdeutschen Personen in der DDR erarbeitet und die zu ihrer Durchsetzung notwendigen Bedingungen geschaffen werden.

Obwohl der gesamte Dienstzweig der Kriminalpolizei insgesamt keine Fehlstellen habe, sei festzustellen, dass der Mitarbeiterbestand teilweise überaltert wäre. Trotz der hohen Qualifikation der Mehrzahl der Mitarbeiter der Kriminalpolizei bestehe ein Mangel an befähigten Leitungskadern, sodass nicht genügend Nachwuchskader zur Verfügung stehen.

Zu beachten sei auch, dass an der Erhöhung der Einsatz- und Kampfbereitschaft der Kriminalpolizei noch ernsthafter gearbeitet werden müsse.

Ein Teil der Angehörigen der Kriminalpolizei erkenne seine Tätigkeit noch nicht immer als politischen Kampfauftrag. Das würde seinen Ausdruck in Diskussionen über arbeitsmäßige Überlastung, keinen pünktlichen Feierabend usw. finden.

Die Schutzpolizei, als operative Hauptkraft der DVP, würde in einer Reihe von Dienststellen ihre Hauptaufgabe, die Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten, noch nicht voll erfüllen.

Das werde besonders sichtbar bei der Bekämpfung der kleinen Kriminalität, der Sicherung wichtiger Anlagen und Objekte, der vorbeugenden schutzpolizeilichen Tätigkeit zur Verhinderung von Störungen und Zusammenrottungen, der Durchsetzung von Maßnahmen zur Sicherung eines gesellschaftsgemäßen Verhaltens, besonders jugendlicher Bürger, in der Öffentlichkeit sowie der Kontrolle kriminell gefährdeter Personen.

Besonders in den Großstädten weise die allseitige Durchsetzung der Maßnahmen zur Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit noch Mängel auf.

Die wesentlichsten Ursachen für die noch nicht ausreichende Erfüllung der Aufgaben der Schutzpolizei bestehen

  • in der noch nicht ausreichenden Operativität in der Leitungstätigkeit der dienstlichen Leiter in den VPKÄ und VPÄ (eine Vielzahl von Führungskadern beschäftige sich noch zu stark mit administrativen Aufgaben);

  • in der zum Teil nur einseitigen Aufgabenerfüllung seitens der ABV,14 die vielfach komplizierten Aufgaben aus dem Wege gehen würden, oft nicht über die erforderliche Qualifikation verfügten, um die vielseitigen Aufgaben zu erfüllen.

(So haben zurzeit 4 630 ABV, das sind 64,1 % der Gesamtstärke, die Berechtigung, mit Vertraulichen Helfern (VH) zu arbeiten. Überprüfungen hätten ergeben, dass nur 20 % der ABV VH zusammenarbeiten. Seit 1968 seien bereits 3 244 VH wegen Nichteignung, Unehrlichkeit und Dekonspiration von dieser Tätigkeit entbunden worden.)

Die Arbeit mit VH, die eine wirksame Kraft zur Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellt, wird noch unterschätzt. Häufig wurden auch noch nicht genügend objektive und subjektive Voraussetzungen zur Durchsetzung der entsprechenden dienstlichen Bestimmungen geschaffen.

Die nicht richtige situationsbezogene politische und operative Lösung der den ABV gestellten Aufgaben führe oft zu deren Fehlverhalten und erheblicher Kritik seitens der Bevölkerung. Sinkende Autorität sei die Folge.

Die Untersuchung einer Reihe von Vorkommnissen weise auf erhebliche Mängel in der Anleitung und Kontrolle sowie bei der politisch-ideologischen Erziehung der ABV hin.

(1970 und 1971 seien 63 ABV wegen begangener Straftaten bzw. Disziplinarverstößen und 39 ABV wegen Nichteignung aus der DVP entpflichtet worden. Das sind 24 % aller in diesem Zeitraum insgesamt entlassenen ABV.)

Weitere Untersuchungen bestätigen, dass das Verantwortungsbewusstsein für die von der DVP zu lösenden Aufgaben, insbesondere bei Wachtmeisterdienstgraden, noch nicht genügend entwickelt ist. Häufig wird der Dienst als einfache Beschäftigung und nicht als Klassenauftrag angesehen.

Das würde sich u. a. auch im relativ hohen Anteil von Entlassungen auf eigenen Wunsch aus der Schutzpolizei und damit der DVP zeigen. (1970 und 1971 ist bei insgesamt 1 580 Schutzpolizisten das Dienstverhältnis gelöst worden; 617 (= 39 %) wurden auf eigenen Wunsch entlassen.)

Einige Schwerpunkte des politisch-moralischen Zustandes im MdI und seinen Organen

Die in den letzten Jahren im MdI erzielten Arbeitsergebnisse lassen erkennen, dass die Mehrzahl der Angehörigen der DVP über eine hohe Einsatzbereitschaft, Disziplin und gute Arbeitsmoral bei der Lösung der gestellten Aufgaben – Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit – verfügt.

Im Jahre 1971 und Anfang 1972 zeigten sich jedoch bei einer Reihe Angehöriger der DVP und anderer Organe des MdI, besonders im Dienstzweig Schutzpolizei/Schwerpunkt VPKÄ, bestimmte negative Erscheinungen, wodurch die Erfüllung der volkspolizeilichen Aufgaben gefährdet wurde und teilweise eine schwerwiegende Schädigung des Ansehens der DVP erfolgte.

Derartige negative Erscheinungen waren

  • begangene strafbare Handlungen gegen das sozialistische Eigentum (1971 wurden gegen 157 (157*) VP-Angehörige, darunter 32 (27*) Offiziere und 128 (130*) Wachtmeister Ermittlungsverfahren eingeleitet.) Die Delikte gliedern sich auf

[Delikte]

1971

1972

Straftaten gegen das sozialistische Eigentum

63

63

Straftaten gegen das persönliche Eigentum

13

6

Körperverletzungen

14

16

Sexualdelikte

22

24

Verkehrsdelikte

9

10

andere Delikte

39

38

[* Fußnote im Original: »Vergleichswerte 1970«]

  • Ansteigen von Disziplinarverstößen (So sind z. B. die Disziplinarverstöße im Dienstzweig Schutzpolizei von 2 258 im Zeitraum 1969/70 auf 2 547 im Zeitraum 1970/71 angestiegen, was einer Zunahme um 12,8 % entspricht. Wesentliche Gründe sind

  • Nichterfüllung von Befehlen und Weisungen,

  • Verstöße gegen dienstliche Bestimmungen,

  • mangelhafte Dienstdurchführung)

  • Erscheinungsformen bzw. Auswirkungen der politisch-ideologischen Diversion15 des Gegners, Aufrechterhaltung von Westkontakten und Westverbindungen, Empfang von Westfernsehen und Westrundfunk

  • Selbsttötungen und Selbsttötungsversuche.

Schwerpunkte derartiger Erscheinungen waren die BDVP Magdeburg, Rostock, Dresden, Karl-Marx-Stadt,16 Leipzig und das PdVP Berlin.

Bei den durch Angehörige der DVP begangenen Straftaten ist besonders zu beachten, dass seit 1968 in verschiedenen Bezirken derartige Handlungen in Form von Gruppentäterschaft begangen worden sind, wobei Volkspolizei-Reviere den Schwerpunkt darstellten. (VP-Reviere Süd und Nord des VPKA Magdeburg, VP-Revier Mitte/Nord des VPKA Karl-Marx-Stadt, Transportpolizei-Revier Saßnitz, VPKA Gotha.)

Die aus den Untersuchungen derartiger Vorkommnisse sichtbar gewordenen Ursachen bzw. begünstigenden Bedingungen haben erkennen lassen, dass es in solchen Kollektiven erhebliche Aufweichungs- und Zersetzungserscheinungen gab, die Einflüsse der politisch-ideologischen Diversion des Gegners widerspiegelten.

Begünstigt wurden die Straftaten, Zersetzungs- und Aufweichungserscheinungen durch eine fehlerhafte Führungs- und Leitungstätigkeit und nicht genügende politisch-ideologische Erziehungsarbeit in den betreffenden Dienststellen.

Nach vorliegenden Hinweisen tragen dazu auch die nach wie vor im beträchtlichen Umfang durch Angehörige der DVP unterhaltenen Westkontakte bei.

Derartige Kontakte, die direkt oder über dritte Personen unterhalten werden (in einigen VPKÄ bis zu 45 % aller Angehörigen der Dienststelle), bildeten zusammen mit dem Empfang westlicher Rundfunk- und Fernsehsendungen den Hauptkanal für das Einfließen der politisch-ideologischen Diversion des Gegners.

(Entsprechende operative Feststellungen, die bei weitem nicht als lückenlos anzusehen sind, haben z. B. ergeben, dass 4 157 VP-Angehörige (5,1 % der Gesamtstärke der DVP) aktive Westverbindungen unterhalten. Darunter befinden sich 1 036 Offiziere und 3 121 Wachtmeister.

Allein im Zusammenhang mit der Geste des guten Willens17 wurden bei 684 Angehörigen der DVP Feststellungen über Westkontakte, vorwiegend mit Westberliner Bürgern, getroffen. Schwerpunkte bildeten das PdVP Berlin (21,6 %), die BDVP Potsdam (17,4 %), BDVP Frankfurt (Oder) (11,6 %).

Positiv ist zu werten, dass die Mehrzahl der Angehörigen der Organe des MdI (94 %) Meldung über derartige Westkontakte erstattete.

Bei der versuchten Verschleierung diesbezüglicher Verbindungen ist als besonders ernst zu werten, dass selbst bei einzelnen leitenden Offizieren und Parteifunktionären Erscheinungen der Vernachlässigung der politischen Wachsamkeit, politische Sorglosigkeit und persönliche Inkonsequenz auftraten.

Im Zusammenhang mit vorliegenden Informationen wird weiter darauf hingewiesen, dass es in der Einstellungspraxis in die DVP in letzter Zeit grobe Verstöße gegen die entsprechenden Kaderbestimmungen gegeben hatte. So sind nach entsprechenden Untersuchungsergebnissen von den im Jahre 1971 wegen Begehung strafbarer Handlungen in EV bearbeiteten VP-Angehörigen (157) lediglich zwei entsprechend den Festlegungen in der Einstellungsordnung vorher ordnungsgemäß überprüft worden.

Bei den anderen VP-Angehörigen wurden allein nach Auswertung der Kaderunterlagen solche vor der Einstellung vorhandenen Merkmale wie

  • keine klassenmäßige Einstellung bzw. abwartende Haltung zur sozialistischen Entwicklung in der DDR,

  • negatives Elternhaus,

  • gesellschaftlich nicht organisiert,

  • Verwandtschaft ersten Grades in der BRD bzw. in Westberlin und aktive persönliche und postalische Verbindungen durch den Bewerber oder im Haushalt lebende Personen,

  • kein Abschluss der achten Klasse, kein erlernter Beruf, mehrfacher Arbeitsplatzwechsel usw.

nicht beachtet.

Aus Einschätzungen der vorhergehenden Arbeitsstellen ging teilweise hervor, dass die Bewerber keine Lust zum Lernen und Arbeiten hatten.

In diesem Zusammenhang gibt es vielfältige Hinweise, dass die politisch-ideologische Erziehungsarbeit insbesondere unter den jungen Angehörigen der DVP sowie ihre Anleitung und Kontrolle durch die Dienstvorgesetzten, die Partei- und FDJ-Funktionäre noch nicht den Anforderungen entspricht.

Auf negative Erscheinungen würde nicht immer mit der notwendigen Konsequenz und mit den geeigneten Mitteln und Methoden reagiert.

Hinweise zu möglichen Veränderungen im MdI

Die aus den vorliegenden Hinweisen ersichtlichen grundsätzlichen Probleme der Situation, besonders der Führungs- und Leitungstätigkeit im MdI und einigen nachgeordneten Organen, bewegen viele leitende Mitarbeiter im MdI und in den Organen selbst, verbunden mit dem Wunsch, die noch vorhandenen Mängel und Hemmnisse im Interesse einer effektiveren Durchsetzung der von der Partei- und Staatsführung gestellten Aufgaben zu überwinden.

Besondere Bedeutung wird dabei der Stabilisierung der Führungs- und Leitungsprozesse beigemessen.

So wird darauf hingewiesen, dass es zweckmäßig sei, im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Ausscheiden des Genossen Grünstein aus Altersgründen und dem Einsatz eines geeigneten Nachfolgers die Funktionsvereinigung – Minister des Innern und Chef der DVP – zu trennen und den 1. Stellvertreter des Ministers zum Chef der DVP zu ernennen. Damit könnten wesentlich günstigere Bedingungen für eine Verbesserung der Führungs- und Leitungstätigkeit gegenüber der DVP geschaffen werden.

Es wäre auch zu erwägen, den Genossen Seifert aufgrund der genannten Faktoren aus der Leitung des MdI herauszulösen und durch einen anderen geeigneten Kader zu ersetzen.

Zur Erhöhung der Operationsfähigkeit des MdI gibt es solche Vorstellungen, die Verantwortung und den Einfluss besonders der operativen Dienstzweige gegenüber den Bezirken und Kreisen zu erhöhen und eine diesen Erfordernissen entsprechende Anleitungs- und Kontrolltätigkeit auf diesen Linien und eine dementsprechende Stabsarbeit zu organisieren.

Weitere Vorstellungen bestehen darin, den Kaderbestand besonders in den leitenden Dienststellungen in den BDVP und VPKÄ zu stabilisieren, indem u. a. weitere Ausbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten zur Entwicklung von Nachwuchskadern geschaffen werden.

Zur Stabilisierung des Kaderbestandes in unteren Dienststellungen, besonders im Bereich der Schutzpolizei, sollte der Zuführung bzw. Werbung geeigneter Kräfte seitens der Leitung des MdI noch größere Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Die mit dem Brief des 1. Sekretärs des ZK der SED an die 1.Sekretäre der Bezirksleitungen eingeleiteten Maßnahmen zur Verbesserung des politisch-moralischen Zustandes in der DVP18 müssten insbesondere durch die weitere Erhöhung der Rolle der Parteiorganisationen und der Parteiorgane kontinuierlich fortgesetzt werden.

Es wird weiter für erforderlich gehalten, zu prüfen, wie – ausgehend von den vorhandenen Möglichkeiten – eine stufenweise Erhöhung der Vergütung in den Dienstbereichen Kriminal-, Schutz- und Transportpolizei erfolgen kann, um die Stabilität im Kaderbestand zu erhöhen und auch von dieser Seite her bessere Voraussetzungen für die Lösung der Aufgaben zu schaffen.

  1. Zum nächsten Dokument Erste Erfahrungen nach Reiseerleichterungen (4.6.–31.7.)

    17. August 1972
    Information Nr. 770/72 über erste Erfahrungen seit dem Inkrafttreten der Vereinbarung zwischen der Regierung der DDR und dem Westberliner Senat über Erleichterungen und Verbesserungen im Reise- und Besucherverkehr sowie dem Abkommen zwischen der Regierung der DDR und der Regierung der BRD über den Transit von zivilen Personen und Gütern zwischen der BRD und Westberlin (Zeitraum: 4. Juni bis 31. Juli 1972)

  2. Zum vorherigen Dokument Feststellungen zum Absturz eines Flugzeuges der Interflug

    15. August 1972
    Information Nr. 772/72 über bisherige Feststellungen zum Absturz des Flugzeuges IL 62 DM – SEA der Interflug am 14. August 1972