Probleme nach Erleichterungen im Reise- und Besucherverkehr
[ohne Datum]
Information Nr. 1001/72 über einige Probleme im Zusammenhang mit den Einreisen Westberliner Bürger in die Hauptstadt der DDR im Rahmen der Vereinbarung über Erleichterungen und Verbesserungen im Reise- und Besucherverkehr
1. Hinweise zur Entwicklung des Reise- und Besucherverkehrs Westberliner Bürger in die Hauptstadt der DDR
Seit Inkrafttreten der Reise- und Besuchervereinbarung am 4.6.19721 wurden bis einschließlich 31.10.1972 für insgesamt 699 546 Westberliner Bürger Einreisen in die Hauptstadt der DDR genehmigt.
Diese Einreisen waren zu ca. 80 % durch Westberliner Bürger bei den Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin2 und nur zu 20 % durch Bürger der Hauptstadt beantragt worden.
Bisherigen Erkenntnissen des MfS zufolge wird die Möglichkeit einer Antragstellung auf Einreise in die Hauptstadt aus touristischen Gründen in den Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten von den Westberliner Bürgern einerseits bevorzugt, weil die Bearbeitungszeiten eine kurzfristige Einreise in die Hauptstadt garantieren, andererseits durch die nicht erforderliche Angabe der Personalien der zu besuchenden Verwandten/Bekannten die Möglichkeit gegeben ist, Verbindungen und Kontaktaufnahmen in der Hauptstadt abzudecken.
Ausgehend von der Gesamtzahl der bis 31.10.1972 für 699 546 Westberliner Bürger genehmigten Einreisen in die Hauptstadt entfielen hinsichtlich der Aufenthaltsdauer
auf einen eintägigen Aufenthalt | 600 910 (85,9 %) Einreisen |
auf einen zwei bis zehntägigen Aufenthalt | 90 242 (12,9 %) Einreisen |
auf einen über zehntägigen Aufenthalt | 8 394 (1,2 %) Einreisen |
In der Zeit vom 4.6.1972 bis 31.10.1972 besuchten insgesamt 663 169 Westberliner Bürger die Hauptstadt der DDR.
Damit haben 94,3 % der Westberliner Bürger, die für diesen Zeitraum eine Einreisegenehmigung in die Hauptstadt der DDR beantragt und erhalten hatten, von der Reise- und Besuchsmöglichkeit Gebrauch gemacht.
Nach vorliegenden Hinweisen nutzt die Mehrzahl der zu einem eintägigen touristischen Aufenthalt in die Hauptstadt der DDR einreisenden Westberliner Bürger diese Möglichkeit zum Besuch von Verwandten bzw. Bekannten.
Insgesamt ist festzustellen, dass sich seit dem Inkrafttreten der Reise- und Besuchervereinbarung die Anzahl der beantragten, genehmigten und erfolgten Einreisen Westberliner Bürger in die Hauptstadt der DDR von Monat zu Monat erhöht.
Während beispielsweise im September 1972 151 344 Westberliner Bürger in die Hauptstadt eingereist waren, erhöhten sich die Einreisen im Monat Oktober 1972 auf 165 923 Westberliner Bürger.
Bisherigen Erkenntnissen zufolge konzentriert sich der Reise- und Besucherverkehr Westberliner Bürger in die Hauptstadt der DDR hauptsächlich auf die Wochenenden (Sonnabend/Sonntag). Während an den Wochentagen täglich im Durchschnitt ca. 2 000 bis 5 000 Westberliner Bürger auf der Grundlage der Reise- und Besuchervereinbarung in die Hauptstadt einreisten, erfolgten an den Wochenenden durchschnittlich Einreisen von ca. 25 bis 30 000 Westberlinern, die sich zu ca. 80 % auf Einreisen an Sonnabenden konzentrieren.
Außer diesen direkten Einreisen Westberliner Bürger in die Hauptstadt der DDR reisen monatlich weitere ca. 100 bis 120 000 Westberliner Bürger in die DDR über die Grenzübergangsstellen in der Hauptstadt Berlin zur Weiterreise in die Bezirke der DDR ein. Darüber hinaus reisen monatlich im Durchschnitt 150 bis 200 000 Bürger der BRD und anderer nichtsozialistischer Staaten (größtenteils zum Tagesaufenthalt) in die Hauptstadt Berlin ein. Damit halten sich monatlich im Durchschnitt ca. 400 bis 450 000 Personen aus Westberlin, der BRD u. a. nichtsozialistischen Staaten in der Hauptstadt Berlin auf.
Die Abfertigung und Abwicklung des Reise- und Besucherverkehrs in der Ein- und Ausreise über die Grenzübergangsstellen in die Hauptstadt der DDR verläuft zügig und reibungslos.
Durch das enge und kameradschaftliche Zusammenwirken der bewaffneten Kräfte mit den zuständigen staatlichen Organen, Parteiorganisationen und anderen gesellschaftlichen Kräften war die Ordnung und Sicherheit in der Hauptstadt der DDR trotz des erhöhten Besucherstromes stets gewährleistet.
2. Zu einigen beachtenswerten Feststellungen und Erkenntnissen im Zusammenhang mit den Einreisen Westberliner Bürger in die Hauptstadt der DDR
Insgesamt ist festzustellen, dass sich die Mehrzahl der in die Hauptstadt der DDR eingereisten Westberliner Bürger diszipliniert verhält und die für Ein- und Ausreise sowie den Aufenthalt in der Hauptstadt der DDR zu beachtenden Vorschriften und Bestimmungen im Wesentlichen respektiert.
Wiederholt sprachen sich die Westberliner Besucher lobend über die zügige, reibungslose und höfliche Abfertigung durch die Mitarbeiter der DDR in den Büros für Reise- und Besucherangelegenheiten in Westberlin und durch die Kontrollkräfte an den Grenzübergangsstellen der Hauptstadt sowie über das korrekte Auftreten von Vertretern der staatlichen Organe während ihres Aufenthaltes in der Hauptstadt der DDR aus.
Das Auftreten der Mehrzahl der Bürger der Hauptstadt der DDR gegenüber ihren Westberliner Besuchern wird in zunehmendem Maße durch eine selbstbewusstere Haltung bestimmt, in der sich der Stolz auf die erzielten Leistungen im gesellschaftlichen und persönlichen Leben des einzelnen widerspiegelt. Deutlicher Ausdruck hierfür ist z. B. das Bemühen der Gastgeber, ihren Gästen vor allem die neuen städtebaulichen Veränderungen besonders das neuerrichtete Stadtzentrum – durch gemeinsame Besuche zu zeigen und insbesondere die seit dem VIII. Parteitag der SED3 durchgeführten sozialpolitischen Maßnahmen zu erläutern.4
Ungeachtet dieser grundsätzlich positiven Entwicklung erscheint es jedoch notwendig, auf einige Probleme und Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Einreise Westberliner Bürger seit Inkrafttreten der Besuchervereinbarung am 4.6.1972 hinzuweisen, die für die Einschätzung der Lage in der Hauptstadt der DDR von Bedeutung sind.
Seit Inkrafttreten der Reise- und Besuchervereinbarung ist in zunehmendem Maße festzustellen, dass Westberliner Bürger ihren Aufenthalt in der Hauptstadt – neben dem Besuch von Verwandten und langjährigen Bekannten – zur Aufnahme von Kontakten auch zu anderen DDR-Bürgern nutzen.
Es handelt sich dabei vorrangig um die Aufnahme von Kontakten zu jungen DDR-Bürgern bzw. zu Studenten, Mitarbeitern und wissenschaftlichen Kadern der Humboldt-Universität u. a. Hochschulen in der Hauptstadt der DDR.
Derartige Kontaktaufnahmen werden gegenüber den DDR-Bürgern mit dem besonderen Interesse für die gesellschaftlichen Verhältnisse und die Lebensweise in der DDR motiviert, dienen jedoch nach dem MfS vorliegenden Hinweisen häufig dem Ziel,
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die politische Haltung und die Einstellung zur Politik von Partei und Regierung,
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die Meinung zu bestimmten aktuellen Tagesfragen,
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die Neigungen, Lebensgewohnheiten und Interessen,
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den Lebensstandard (Vergleiche zwischen DDR und BRD/WB)
besonders der jungen DDR-Bürger zu ergründen und in vielen Fällen die westliche Lebensweise zu verherrlichen. Derartige Kontaktaufnahmen erfolgen in der Regel beim Besuch von gastronomischen Einrichtungen, Clubhäusern, Jugendclubs, Naherholungsgebieten sowie in einzelnen Fällen durch die Teilnahme an Partys in Privatwohnungen von jugendlichen Bürgern in der Hauptstadt der DDR.
Sie werden neben der politisch-ideologischen Beeinflussung insbesondere auch dazu genutzt,
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gegenseitig Adressen auszutauschen und Geschenkartikel zu übergeben,
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gemeinsam bestimmte Interessen (Hobbys) zu betreiben,
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durch die Aufnahme intimer Beziehungen die persönlichen Bindungen zu festigen.
Letzteres führte in einer Reihe von Fällen zur Absicht der Eheschließung und dem damit verbundenen Wunsch zur Übersiedlung nach Westberlin.
Wiederholt war die Herstellung derartiger Verbindungen Ausgangspunkt für die Vorbereitung des ungesetzlichen Verlassens der DDR.
Insbesondere in den letzten Monaten werden immer wieder Hinweise bekannt, wonach Westberliner Institutionen, Parteien, Organisationen u. Ä. zu Bürgern der Hauptstadt offensichtlich zielgerichtete Kontakte aufnehmen bzw. aufzunehmen versuchen.
Besondere Aktivitäten entwickeln dabei:
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das »Kuratorium Unteilbares Deutschland«;5
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das Westberliner »Goethe-Institut«;
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Westberliner Universitäten und Hochschulen, besonders die »Freie Universität«;
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Westberliner Kirchenorganisationen.
So wurde z. B. dem MfS bekannt, dass das Westberliner Goethe-Institut Gruppenreisen in die Hauptstadt mit der Zielsetzung vorbereitet, langfristige, persönliche Kontakte, besonders zu jungen DDR-Bürgern herzustellen, wobei gleichermaßen wie bei Einzelpersonen durch die Mitnahme und die Übergabe kleiner Geschenke die Kontaktaufnahme erleichtert und zugleich gefestigt werden soll.
Die vom »Kuratorium Unteilbares Deutschland« entsandten Reisegruppen setzten sich vorrangig aus Westberliner Studenten zusammen, deren Aufgabe darin besteht, gleichfalls Kontakte zu Jugendlichen, vorrangig Studenten, aufzunehmen und mit ihnen umfassende Diskussionen über die Ostpolitik6 der Bonner Regierung zu führen.
Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass einige Vertreter des Westberliner SPD-Landesverbandes die privaten Verwandtenbesuche in der Hauptstadt der DDR zur Aufnahme von Verbindungen zu ehemaligen Funktionären und Mitgliedern der SPD ausnutzten. Das Ziel derartiger Zusammenkünfte bestand darin, die derzeitige politische Haltung der betreffenden Personen zu erkunden, die gegenwärtige Politik der SPD zu erläutern und in Einzelfällen auch die Hoffnung für eine künftige Reaktivierung der Tätigkeit der SPD in der Hauptstadt zu wecken.7
Gegenwärtig liegen jedoch keine Hinweise auf Nutzung der Kontaktaufnahmen für feindliche Aktivitäten vor.
Die Bestrebungen Westberliner Kirchenkreise konzentrieren sich u. a. darauf, sogenannte Partnertreffen mit Mitgliedern der »Jungen Gemeinde« in der Hauptstadt der DDR durchzuführen, im Rahmen der sogenannten traditionellen Kontaktpflege Treffen mit Vertretern der »Partnergemeinden« aus der DDR in der Hauptstadt zu veranstalten, wobei in Einzelfällen versucht wird, in vielfältigen Diskussionen der vollzogenen organisatorischen Trennung der EKD8 ideologisch entgegenzuwirken.
Nach vorliegenden Hinweisen lassen zahlreiche Kontaktaufnahmen die Versuche imperialistischer Geheimdienste und anderer volksfeindlicher Organisationen erkennen, den Reise- und Besucherverkehr für die Erlangung bzw. Abschöpfung geheimzuhaltender Informationen auszunutzen, wobei die bei einer Anzahl von Bürgern der DDR noch anzutreffenden Erscheinungen der Schwatzhaftigkeit, der Prahlsucht und Vertrauensseligkeit gegenüber anderen Personen das Vorhaben des Gegners im gewissem Umfang begünstigen.
In diesem Zusammenhang ist beachtenswert, dass zahlreiche Geheimnisträger aus staatlichen und Wirtschaftsorganen trotz erfolgter Verpflichtung und entsprechender Belehrungen Kontakte mit Westberliner Bürgern aufnehmen. Dabei handelt es sich u. a. um mittlere und leitende Kader aus verschiedenen Bereichen der Volkswirtschaft, der Reichsbahndirektion Berlin, Mitarbeitern der Deutschen Staatsbank und der Generalstaatsanwaltschaft sowie um leitende Kader einiger Räte der Stadtbezirke sowie in Einzelfällen um Angehörige der Deutschen Volkspolizei.
Obwohl die Mehrzahl der vorgenannten Personenkreise ihrer Meldepflicht über den Empfang von Westbesuch bei den zuständigen Organen nachkommt und in der Folgezeit ein klassenmäßiges Verhalten zeigt, mehren sich in jüngster Zeit die Tendenzen des Verschweigens derartiger Besuche. Es wurden außerdem vereinzelt Feststellungen getroffen, dass Verbote von Westbesuchen durch Antragstellung über dritte Personen (Verwandte oder Bekannte) umgangen werden bzw. die Zusammenkünfte bei Verwandten oder in Gartengrundstücken stattfinden.
In einigen Fällen wurde aus Unverständnis über ausgesprochene Verbote oder wegen der fehlenden Konsequenz, sich mit den Familienangehörigen auseinanderzusetzen, das Arbeitsverhältnis gelöst.
Insgesamt ist festzustellen, dass die zuständigen Organe (Betriebsleitungen, Kaderabteilungen) der Durchsetzung staatlicher Weisungen zum Schutz von Dienstgeheimnissen große Aufmerksamkeit widmen, jedoch in einigen Fällen ausschließlich administrativ handeln und der politisch-ideologischen Erziehungsarbeit noch nicht überall genügend Beachtung geschenkt wird.
Seit Inkrafttreten der Reise- und Besuchervereinbarung und den vielfach damit im Zusammenhang stehenden Möglichkeiten der Kontaktaufnahme bzw. der Vertiefung bereits bestehender Verbindungen ist besonders ein Anstieg bei den Versuchen des ungesetzlichen Verlassens der DDR bzw. der Schleusung von Personen aus der Hauptstadt der DDR nach Westberlin bzw. in die BRD zu verzeichnen.
Zunehmend treten bei der Schleusung von DDR-Bürgern, hauptsächlich handelt es sich dabei um Verwandte oder Bekannte, auch Privatpersonen ohne nachweisbare staatsfeindliche Zielsetzung in Erscheinung.
Beachtenswert ist die Feststellung, dass – obwohl viele Bürger der Hauptstadt in Gesprächen mit ihren Westberliner Besuchern für die Politik der DDR Partei ergreifen – zahlreiche Bürger die erzielten Fortschritte in den Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten als Ergebnis der »erfolgreichen« Politik der SPD, insbesondere von W. Brandt,9 darstellen.
Im Ergebnis der Besuche Westberliner Bürger bei ihren Verwandten und Bekannten in der Hauptstadt werden in zunehmendem Maße Vergleiche über den Lebensstandard zwischen der DDR und Westberlin angestellt, wobei die Einschätzungen über ein angeblich besseres Lebensniveau in Westberlin überwiegen. In zahlreichen Fällen wurde bekannt, dass sich die Forderungen nach uneingeschränkter Zulassung von Reisen der DDR-Bürger nach Westberlin und in die BRD erhöhen.
Besonders in den letzten Wochen ist eine ansteigende Tendenz des Abhörens westlicher Rundfunk- und Fernsehsendungen durch Bürger der Hauptstadt – offensichtlich im Zusammenhang mit den gegenwärtigen politischen Vorgängen in der BRD und dem Stand der Verhandlungen über den Abschluss eines Vertrages über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der DDR und der BRD10 stehend – festzustellen.
Seit dem Inkrafttreten der Reise- und Besuchervereinbarung wurde festgestellt, dass Bürger der Hauptstadt der DDR zunehmend in den Besitz westlicher Zahlungsmittel gelangen. Durch Westberliner Bürger werden in zahlreichen Fällen ihren Verwandten und Bekannten Geldbeträge übergeben bzw. bei erfolgten Bekanntschaften mit DDR-Bürgern vorwiegend in gastronomischen Einrichtungen Zahlungsmittel umgetauscht, um den DDR-Bürgern einen Einkauf in den Intershop-Läden11 zu ermöglichen.
Darüber hinaus erhöhte sich der Umfang der Trinkgelder in westlichen Währungen bei den Beschäftigten gastronomischer Einrichtungen in der Hauptstadt der DDR.
Die Feststellungen über das Einfließen westlicher Valutamittel in die Hauptstadt widerspiegeln sich in den zunehmenden Einkäufen von Bürgern der Hauptstadt in den Intershop-Läden. Letzten Einschätzungen zufolge ist allein im Bereich der sechs Intershop-Läden des Mitropa-Betriebes12 Berlin-Mitte jeder zweite Kunde DDR-Bürger.
Zum ständigen Kundenkreis – der zugleich wertmäßig die größten Einkäufe tätigt – zählen vorrangig Mitarbeiter von Rundfunk und Fernsehen, Wissenschaftler, Künstler, Hostessen, Kellner und Stadtbilderklärer.13 Darüber hinaus treten Personenkreise aus den verschiedensten Schichten der Bevölkerung als Käufer in Erscheinung.
3. Zu einigen weiteren beachtenswerten Erscheinungen
Die während der Zeit des Aufenthaltes in der Hauptstadt der DDR durch Westberliner Bürger begangenen Verstöße gegen die Reise- und Besuchervereinbarung bzw. gegen die Vorschriften der DDR bezüglich Ordnung und Sicherheit konzentrieren sich vorrangig auf:
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die Überschreitung der festgelegten Ausreisezeiten,
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die Nichteinhaltung des genehmigten Reisezieles (kurzfristige Besuche der an die Hauptstadt der DDR angrenzenden Bezirke der DDR, besonders Potsdam und Frankfurt/Oder),
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schuldhaft verursachte Verkehrsunfälle (Fahren unter Alkoholeinfluss, Geschwindigkeitsübertretungen).
Durchgeführte Kontrollen an den Grenzübergangsstellen der Hauptstadt der DDR erbrachten den Nachweis für eine steigende Tendenz bei der versuchten Einfuhr westlicher Presseerzeugnisse durch Westberliner Bürger. Es handelt sich vorrangig um Tageszeitungen, Modejournale und Magazine, Kriminalromanhefte und pornografische Literatur. Die Mittel und Methoden der Einfuhr reichen dabei vom offenen Mitführen bis zur illegalen Einschleusung in Gepäckstücken, Kraftfahrzeugen und in Körperverstecken.
Bemerkenswert ist, dass in zahlreichen Fällen die versuchte Einfuhr obengenannter Presseerzeugnisse auf Wunsch der in der Hauptstadt wohnhaften DDR-Bürger erfolgte.
Feststellungen des MfS zufolge versucht der Gegner, die Erleichterungen im Reise- und Besucherverkehr auch für die illegale Einschleusung von Hetzmaterialien in die Hauptstadt der DDR auszunutzen.
So wurde in einigen Fällen durch Kontrollkräfte an den Grenzübergangsstellen die illegale Einschleusung von Hetzschriften und Hetzflugblättern, deren Inhalt sich hauptsächlich gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung in der DDR und gegen die Friedensoffensive der sozialistischen Staatengemeinschaft unter Führung der Sowjetunion richtet, verhindert.
Abgesehen von diesen dargelegten Verstößen gegen die Zoll- und Einfuhrbestimmungen der DDR ergaben die bei der Grenzpassage durch die Zollverwaltung getroffenen Feststellungen über die Ein- und Ausfuhr von Waren durch Westberliner Bürger, dass die Zollbestimmungen der DDR im Wesentlichen eingehalten werden.
So werden bei der Einreise in die Hauptstadt vorrangig Genussmittel (Kaffee, Schokolade, Zigaretten, Spirituosen), Südfrüchte und Bekleidungsstücke aus synthetischen Fasern (Strumpfhosen, Pullover und Oberhemden) eingeführt.
Ausreisende Westberliner Bürger führen hauptsächlich kunstgewerbliche Gegenstände, Schallplatten und Fachbücher aus. Seit Oktober 1972 werden zunehmend Feststellungen über die Ausfuhr von Gemüse, besonders Kartoffeln, getroffen.
Die diesbezüglich befragten Westberliner Bürger gaben als Begründung für den Kauf die im Vergleich zu Westberlin wesentlich niedrigeren Verkaufspreise von Kartoffeln und verschiedenen Gemüsesorten in der Hauptstadt der DDR an.
Im Zusammenhang mit dem Reise- und Besucherverkehr wurden ehemalige Westberliner Grundstücks- und Hausbesitzer bei den Räten der Stadtbezirke vorstellig (Schwerpunkt: Stadtbezirk Köpenick), um Auskünfte vermögensrechtlicher Art bzw. Angaben über die derzeitigen Nutzer zu erlangen.
Außerdem suchten sie in zahlreichen Fällen die Pächter dieser Grundstücke auf, um sich über die derzeitige Beschaffenheit der Grundstücke zu informieren. Oftmals wurden Meinungen von Westberlinern bekannt, wonach diese von ihren ehemaligen Grundstücken bald wieder »Besitz ergreifen« wollen bzw. dieselben während ihres Aufenthaltes in der Hauptstadt zu nutzen beabsichtigen.
In letzter Zeit wurden Feststellungen über Zusammenkünfte zwischen Westberliner Bürgern bzw. in Westberlin wohnhaften ehemaligen polnischen Bürgern und im pass- und visafreien Reiseverkehr eingereisten Bürgern aus der VR Polen in der Hauptstadt der der DDR getroffen.
Diese Zusammenkünfte erfolgen in der Regel nach vorausgegangener postalischer Vereinbarung an zentralen Orten der Hauptstadt (Schwerpunkt: Ostbahnhof, Alexanderplatz) bzw. in Wohnungen, die durch Bürger der Hauptstadt zur Verfügung gestellt werden.
Sofern es sich um Besuche von Verwandten oder Bekannten handelte, erfolgten bei derartigen Treffen umfangreiche Warenübergaben (Nahrungs- und Genussmittel, Textilien) an die polnischen Bürger mit einem durchschnittlichen Wert von ca. 200 bis 300 Mark.
In bekannt gewordenen Einzelfällen werden Westberliner Bürger an den Haltepunkten der Stadtrundfahrten (Schwerpunkt: Hotel Berolina)14 von polnischen Bürgern zwecks Erlangung westlicher Valutamittel angesprochen.