Suizid eines NVA-Oberleutnants im Pionierbataillon 3 Gera
21. April 1972
Information Nr. 380/72 über die Selbsttötung des Godzik, Axel, Oberleutnant der NVA, Offizier für Organisation und Auffüllung im Pionierbataillon 3 Gera
Am 18.4.1972, gegen 11.30 Uhr, wurde durch eine Suchgruppe der NVA der Oberleutnant der NVA, Godzik, Axel,1 geboren: 4.8.1941, wohnhaft: Bad Köstritz, [Straße, Nr.], verheiratet, [Passage mit schutzwürdigen Informationen nicht wiedergegeben], Mitglied der SED seit 1965, in einem Waldstück in der Nähe des Ortes Reichardsdorf, [Bezirk] Gera an einem Hochsitz stranguliert aufgefunden. Die spätere gerichtsmedizinische Sektion ergab, dass der Tod durch Strangulierung eingetreten ist.
Nach Godzik war seit dem 17.4.1972 gefahndet worden, da er nicht zum Dienst erschienen war.
Die bisherigen Untersuchungen ergaben:
Godzik hatte am 13.4.1972 einem wehrpflichtigen Soldaten aus dessen Kleiderspind 50,00 Mark entwendet. Aus diesem Grunde war seitens des Bataillonskommandeurs angewiesen worden, dass Godzik seine Dienstgeschäfte zu übergeben hat und bis zur Klärung dieser Verfehlung seinen Jahresurlaub antritt. Gleichzeitig erhielt Godzik den Auftrag, seine Ehefrau von diesem Vorkommnis zu unterrichten.
Es war weiter vorgesehen, Godzik zu degradieren und zu versetzen bzw. ein Ermittlungsverfahren seitens des Militärstaatsanwaltes einzuleiten. Diese Fakten waren Godzik nicht mitgeteilt worden.
Seitens der Parteigruppe waren nach Behandlung dieses Vorkommnisses am 14.4.1972 in Anwesenheit des Godzik der Grundorganisation parteierzieherische Maßnahmen vorgeschlagen worden. Eine Versammlung war für den 18.4.1972 geplant. Zuvor war Godzik für den 17.4.1972 zu einer Aussprache in der Parteileitung eingeladen worden.
Aus einem bei Godzik vorgefundenen Brief ist eindeutig zu erkennen, dass Godzik Selbsttötung, offensichtlich als Kurzschlusshandlung im Zusammenhang mit dem Gelddiebstahl und den zu erwartenden persönlichen Folgen bzw. seiner künftigen Stellung im Kollektiv, begangen hat.
Es wurde weiter festgestellt, dass Godzik [sich] in der Vergangenheit verschiedentlich Geld von NVA-Angehörigen geborgt hatte und mit ihm anvertrauten pioniertechnischen Geräten ohne Genehmigung der Vorgesetzten für Zivilpersonen Arbeiten durchführte, wofür er 1 000 Mark vereinnahmte, die er mit den ihm unterstellten NVA-Angehörigen teilte. Er ist dafür parteilich zur Verantwortung gezogen worden.
Die bei Godzik vorhandenen Geldschwierigkeiten resultieren nach den bisherigen Feststellungen aus seiner Sammlerleidenschaft für Briefmarken, für die er viel Geld aufwendete.
Godzik, der nach den geführten Untersuchungen über fundierte marxistisch-leninistische und fachliche Kenntnisse verfügte, löste die ihm übertragenen Aufgaben mit Initiative und hatte eine positive Einstellung zur sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der DDR.
Vor dem 1964 erfolgten Eintritt in die NVA war Godzik Instrukteur im Zentralrat der FDJ.
Die Untersuchungen zur allseitigen Aufklärung dieses Vorkommnisses, weiterer Ursachen, Motive und begünstigender Bedingungen werden fortgesetzt.
Es ist vorgesehen, nach Abschluss der Untersuchung vor dem Offiziersbestand des Pionierbataillons 3 das Vorkommnis in entsprechender Form auszuwerten.