Suizidversuch eines Inspektionsleiters im Forstkomitee
3. Januar 1972
Information Nr. 5/72 über den Selbstmordversuch des Leiters der Inspektion für Jagd- und Naturschutz beim Staatlichen Komitee für Forstwirtschaft der DDR, Genosse Schotte, am 2. Januar 1972
Am 2.1.1972, gegen 10.30 Uhr, beging der Genosse Schotte, Hans,1 geboren: 11.1.1926, wohnhaft: 115 Berlin, [Straße, Nr.], zuletzt Leiter der Inspektion für Jagd- und Naturschutz beim Staatlichen Komitee für Forstwirtschaft der DDR, im Gästehaus der Staatlichen Jagdwirtschaft Oberwiesenthal in Neudorf, Kreis Annaberg, Bezirk Karl-Marx-Stadt2 mit seiner Dienstpistole (Modell »Walter«, Kaliber 7.65) einen Selbstmordversuch.
Genosse Schotte war am 31.12.1971, gegen 15.00 Uhr, mit seinem Dienstwagen in Begleitung seiner Ehefrau Schotte, [Vorname], geboren: [Tag, Monat] 1938, Oberreferent im Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft, und ihres [Alter] Kindes angereist.
Es war ursprünglich geplant, in den Vormittagsstunden des 2.1.1972 nach Berlin zurückzufahren.
Über die Umstände der Tat wurden bis jetzt folgende Einzelheiten festgestellt:
Am 2.1.1972, gegen 10.00 Uhr, war es zwischen Genossen Schotte und seiner Ehefrau zu einer Auseinandersetzung gekommen, weil Genosse Schotte vor der geplanten Heimreise Alkohol zu sich nahm. Im Verlaufe dieser Auseinandersetzung verwies die Ehefrau des Genossen Schotte auf ein wenige Tage vorher geführtes ernstes Gespräch, in welchem sie von Genosse Schotte grundsätzlich gefordert hatte, seinen laufenden Alkoholgenuss einzustellen. [Passage mit schutzwürdigen Informationen nicht wiedergegeben]
Nachdem die Ehefrau des Genossen Schotte gegen 10.00 Uhr das Zimmer verlassen hatte, begab sie sich in den Speisesaal zu den Frauen der anderen Gäste.
Bei den anderen Gästen handelte es sich u. a. um Genosse Dr. Hering, Werner,3 Kandidat des ZK der SED und Leiter der Abteilung Gesundheitswesen im ZK, Genosse Börner, Johannes,4 stellvertretender Abteilungsleiter im ZK der SED und persönlicher Referent des Genossen Grüneberg,5 Genosse Zieger, Werner,6 persönlicher Referent des 1. Sekretärs der Bezirksleitung der SED Leipzig und Genosse Klier, Eberhard,7 Oberförster und Leiter der Staatlichen Jagdwirtschaft Oberwiesenthal, mit ihren Familien.
Da diese gegen 10.30 Uhr die Heimreise antreten wollten, suchte die Ehefrau des Genossen Schotte ihren Mann, damit dieser sich verabschieden könne.
Genosse Schotte hielt sich zu diesem Zeitpunkt in der Toilette auf. Sie rief diesem zu, nach unten zu kommen. Unmittelbar danach hörte sie einen Schuss, worauf sie das Glasteil der Toilettentür einschlug.
Genosse Schotte hockte auf dem Boden, seine Pistole lag auf den Knien. Da er Anstalten machte, danach zu greifen, wurde diese von einem der hinzugekommenen Gäste sichergestellt.
Genosse Schotte, der bis zu seinem nach ca. 40 Minuten erfolgenden Abtransport in das Kreiskrankenhaus Annaberg bei vollem Bewusstsein war, bedauerte, dass ihm der Selbstmord nicht gelungen sei und verlangte ständig nach seiner Waffe.
Als Motive für seine Handlung gab er an,
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krebskrank zu sein (entspricht nicht den Tatsachen) und
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Differenzen mit seinem Vorgesetzten, Generalforstmeister Genosse Heidrich,8 zu haben.
[Passage mit schutzwürdigen Informationen nicht wiedergegeben]
Bei der Untersuchung des Tatortes wurde festgestellt, dass Genosse Schotte eine angetrunkene Flasche Weinbrand bei sich hatte.
Genosse Schotte, der sich in die rechte Schläfengegend geschossen hatte, verlor beide Augen. Weitere wesentliche Schädelverletzungen konnten nicht festgestellt werden.
Genosse Schotte ist zurzeit noch im Kreiskrankenhaus Annaberg in einem Einzelzimmer untergebracht. Er hatte sich bei seiner Einlieferung zunächst gegenüber jeder ärztlichen Hilfsleistung gesträubt.
Während des Aufenthaltes im Gästehaus fiel allgemein Genosse Schottes schlechte körperliche und nervliche Verfassung und sein Drang nach Alkohol auf. Letzteres war auch der Grund dafür, dass es seitens seiner Dienststelle, der Parteiorganisation und auch der Ehefrau in der Vergangenheit wiederholt zu Aussprachen gekommen ist.