Direkt zum Seiteninhalt springen

Vorbereitung einer außerordentlichen Synode in Weißensee

9. März 1972
Information Nr. 220/72 über Vorbereitungen der außerordentlichen Synode der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg vom 24. bis 26. März 1972 in Berlin-Weißensee

Dem MfS wurde bekannt, dass am 19.2.1972 in der Hauptstadt der DDR die erste Rüste mit den Synodalen zur Vorbereitung der Synode stattfand.

Die Bedeutung dieser Rüste wurde unterstrichen durch die Anwesenheit des Bischofs Schönherr1 und des Präses der Synode Burkhardt.2

Als Vertreter des Grundlinienausschusses, der die wichtigsten Materialien vorbereitet hatte, waren die Synodalen de Maiziere,3 Giering4 und Knecht5 anwesend. Der Kirchenjurist Pettelkau6 nahm aktiv Einfluss auf den Verlauf der Rüste.

Den Synodalen wurden folgende Materialien ausgehändigt:

  • 1.

    Entwurf zum Kirchengesetz zur 11. Änderung der Grundordnung,7

  • 2.

    Kirchengesetz über die Wahl des Bischofs.8

  • 3.

    Entwurf über ein Kirchengesetz »Das Bischofsamt in der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg«,9

  • 4.

    Entwurf für ein Wort der Synode zur Konfirmation.10

Alle Materialien waren bereits vor der Rüste nach teilweise heftigen Debatten und nach Änderung von der Kirchenleitung bestätigt worden.

(Die Materialien werden in der Anlage beigefügt)

Gegen die Einrichtung eines selbstständigen Bischofamtes11 traten insbesondere die Kirchenleitungsmitglieder Dr. Pietz12 und Superintendent Steinlein13 auf.

Auf der Rüste wandte sich als Einziger der Synodale Pfarrer Knecht gegen die Vorlage zum Bischofsamt. Er forderte ein Abwarten der politischen Entwicklung und berief sich dabei auf das Vier-Mächte-Abkommen,14 wonach seiner Meinung gemeinsame Synodalen möglich sein müssten.

Burkhardt und Pettelkau traten gegen Knecht auf. Pettelkau meinte, dass die Synode 197115 beschlossen hätte, ein eigenständiges Bischofsamt einzurichten und dass man diesen Synodenbeschluss unabhängig von der politischen Situation realisieren muss. Pettelkau und Burkhardt äußerten, dass das Vier-Mächte-Abkommen private Besuche16 ermögliche, aber keine institutionelle Verklammerung. Burkhardt erklärte den Synodalen, dass man die gegenseitige Konzeption mit dem Westen abgestimmt hätte und man mit der Realisierung noch warten solle bis der Westen seine Konzeption durch die Synode bestätigen ließ.

De Maiziere forderte eine terminliche Festlegung der Einrichtung des eigenen Bischofsamtes, um unabhängig von den Entscheidungen im Westen handeln zu können.

In kirchenleitenden Kreisen besteht die Auffassung, dass die Position von Knecht noch vorwiegend von dem Synodalen Superintendent Noeske-Heisinger17 und Pfarrer Dr. Furian18 vertreten wird.

Es ist bekannt, dass es unter der evangelischen Jugend Aktivitäten gibt, von der Synode die Einrichtung eines eigenständigen Bischofsamtes, die Wahl der Synodalen für das Bischofswahlkollegium auf der Märzsynode 197219 und die Wahl des Bischofs auf der Novembersynode 197220 zu fordern.

Die Synode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg beginnt am 24.3.1972 um 16.00 Uhr und tagt unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Diese Information darf wegen Quellengefährdung nicht öffentlich ausgewertet werden.

Anlagen:21

  • 1.

    Entwurf zur 11. Änderung der Grundordnung

  • 2.

    Kirchengesetz über die Wahl des Bischofs

  • 3.

    Entwurf über ein Kirchengesetz »Das Bischofsamt in der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg«

  1. Zum nächsten Dokument Probleme im Zusammenhang mit der Leipziger Frühjahrsmesse

    15. März 1972
    Information Nr. 241/72 über einige im Zusammenhang mit der Leipziger Frühjahrsmesse 1972 bekannt gewordenen Probleme hinsichtlich der Beschlüsse der 4. Tagung des ZK der SED zu Betrieben mit staatlicher Beteiligung, der privaten Industrie- und Baubetriebe sowie PGH

  2. Zum vorherigen Dokument Versuchte Fahnenflucht und Selbsttötung eines NVA-Offiziers

    2. März 1972
    Information Nr. 197/72 über die versuchte Fahnenflucht und anschließende Selbsttötung eines Offiziers der Grenztruppen der NVA am 23. Februar 1972