Vorgesehene Durchführung eines Prozesses vor Stadtgericht
10. November 1972
Information Nr. 1023/72 über die vorgesehene Durchführung eines Prozesses vor dem Stadtgericht der Hauptstadt der DDR
Vom MfS wurde in enger Zusammenarbeit mit den Sicherheitsorganen der ČSSR ein Ermittlungsverfahren gegen Feustel, Paul,1 geboren am 30.7.1899, zuletzt tätig als Leiter des Kommissionshandels im HO-Kreisbetrieb Hohenstein-Ernstthal, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt,2 parteilos, wegen begangener Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen geführt.
Nach Abschluss der entsprechenden Untersuchungen ist vorgesehen, am 27.11.1972 die Hauptverhandlung vor dem Stadtgericht der Hauptstadt der DDR zu eröffnen.
Der Feustel war als leitender Mitarbeiter verschiedener Dienststellen der Gestapo tätig und fungierte als Leiter verschiedener Außenstellen der Staatspolizeileitstelle Prag bzw. eines zur Bekämpfung sowjetischer und tschechoslowakischer Partisanen gebildeten sogenannten Sonderkommandos.
In dieser Eigenschaft veranlasste Feustel die Verschleppung und Deportation von ca. 2 460 tschechoslowakischen Patrioten, von denen nachweislich 214 ums Leben kamen, ordnete die Erschießung von 44 unbeteiligten tschechoslowakischen Bürgern im Zusammenhang mit dem Attentat auf Heydrich3 an und beteiligte sich persönlich an der Erschießung von Partisanen und Zivilisten.
Aufgrund dieser Verbrechen, die durch umfangreiche Beweise bestätigt wurden, ist bei der Verurteilung des Feustel erfahrungsgemäß mit der Höchststrafe zu rechnen.
Das Verfahren wurde aufgrund seiner Bedeutung und Kompliziertheit vom Ministerium direkt bearbeitet.
Das Stadtgericht der Hauptstadt der DDR bietet durch seine gute Zusammensetzung Garantie für eine sachgemäße Abwicklung des Prozesses.