Westberliner Einreisen und Transitverkehr am 30.3.1972 (2)
1. April 1972
Information Nr. 316/72 über die Abfertigung des Einreiseverkehrs Westberliner Personen in die Hauptstadt und Bezirke der DDR sowie des wechselseitigen Transitverkehrs zwischen der BRD und Westberlin am 31. März 1972
Seit Beginn der Einreise Westberliner Bürger in die DDR am 29.3.1972 wurden bis 31.3.1972, 24.00 Uhr, insgesamt 144 891 Westberliner Bürger und 18 869 Kraftfahrzeuge in der Einreise in die DDR abgefertigt.1
Damit haben 76 % der 190 132 Westberliner Bürger, für die in diesem Zeitraum eine Berechtigung zur Einreise in die DDR vorlag, von der Einreisemöglichkeit Gebrauch gemacht.
Am 31.3.1972, in der Zeit von 0.00 Uhr bis 24.00 Uhr, wurden an den Grenzübergangsstellen von Westberlin in die DDR insgesamt 120 164 Westberliner Bürger und 16 198 Kfz zur Einreise in die DDR abgefertigt.
Das sind 78 % der 155 181 Westberliner Bürger, die für den 31.3.1972 eine Berechtigung für die Einreise in die DDR erhalten hatten und 92 % der 17 663 für diesen Tag beantragten Berechtigungen für die Einreise mit Kfz.
Die Gesamteinreisen Westberliner Bürger am 31.3.1972 untergliedern sich in 61 678 einreisende Personen in die Hauptstadt der DDR und 58 486 einreisende Personen zur Weiterreise in die Bezirke der DDR.
Die umfangreichsten Einreisen Westberliner Bürger konzentrierten sich am 31.3.1972 auf die Grenzübergangsstellen
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Bahnhof Friedrichstraße mit 48 774 Personen,
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Drewitz mit 12 376 Personen und 4 037 Kfz,
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Sonnenallee mit 11 718 Personen und 2 522 Kfz,
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Bornholmer Straße mit 11 248 Personen und 1 997 Kfz.
Damit wurden über diese vier Grenzübergangsstellen allein 70 % aller einreisenden Westberliner Bürger abgefertigt.
Die zeitlichen Schwerpunkte der Einreisen blieben auch am 31.3.1972 gegenüber den Vortagen unverändert und konzentrierten sich mit 52,5 % der Personen und 44,2 % der Kfz auf die Zeit zwischen 8.00 und 12.00 Uhr.
An den Grenzübergangsstellen für den Einreiseverkehr Westberliner Bürger in die DDR war eine zügige Abfertigung gewährleistet.
Die Grenzübergangsstellen wurden überwiegend bereits zwischen 3.00 und 4.00 Uhr geöffnet.
Am 31.3.1972, gegen 11.00 Uhr, konnte festgestellt werden, dass vier Zivilpersonen im Westberliner Vorfeld, an der Grenzübergangsstelle Bornholmer Straße, durch Film- und Fotoaufnahmen die zügige Einreise der Westberliner behinderten. Es bildeten sich dadurch Stauungen, die von diesen Personen gefilmt wurden. An der gleichen Grenzübergangsstelle konnten verstärkte, zeitaufwendige Zollkontrollen durch die Westberliner Zollkräfte beobachtet werden, sodass es zu Wartezeiten bei der Abfertigung von Kfz kam.
In vielen Fällen wurde ein schneller Durchlauf bei der Einreise dadurch beeinträchtigt, dass sich die für die Abfertigung notwendigen Dokumente der Westberliner Bürger nicht in einem ordnungsgemäßen Zustand befanden.
Am 31.3.1972 wurden an den Grenzübergangsstellen einzelne Westberliner Bürger festgestellt, die aufgrund von Verzögerungen in der postalischen Zustellung in Westberlin noch nicht im Besitz ihrer Berechtigungsscheine waren. Nach sofortiger Überprüfung wurde ihnen die Einreise gestattet. (Eine zunehmende Tendenz ist nicht festzustellen.)
Zur Ausreise nach Westberlin wurden am 31.3.1972 insgesamt 45 180 Westberliner Bürger (Vortag 7 127 Westberliner Bürger) und 2 485 Kfz (Vortag 604 Kfz) abgefertigt.
Wie am 31.3.1972 festgestellt wurde, sind bisher insgesamt 30 Westberliner Bürger, die in die DDR eingereist waren, noch nicht wie vorgesehen wieder ausgereist. Entsprechende Maßnahmen zur Aufenthaltsermittlung und Klärung der Ursachen der Zeitüberschreitung wurden eingeleitet.
Mit Stand vom 31.3.1972, 24.00 Uhr, hielten sich insgesamt 87 928 Westberliner Bürger, gegenüber 13 044 Westberliner Bürgern am 30.3.1972, in der DDR auf.
Die Transportabwicklung in der Hauptstadt und von der Hauptstadt in die Bezirke der DDR verlief auch am 31.3.1972 ohne wesentliche Vorkommnisse.
Es ereigneten sich 16 Verkehrsunfälle mit Beteiligung Westberliner Bürger. Davon wurden elf schuldhaft durch Westberliner Bürger verursacht. Der eingetretene Personen- und Sachschaden war gering.
In vier Fällen wurden gegen Westberliner Bürger Ordnungsstrafen verhängt.
Im Zeitraum vom 29.3. bis 31.3.1972 haben insgesamt 6 886 Westberliner Bürger (= 4 % der bisher eingereisten Westberliner) von der Möglichkeit des zusätzlichen Geldumtausches Gebrauch gemacht. Von diesen Personen wurden durchschnittlich 35,00 DM in Mark umgetauscht.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die umtauschende Person in der Regel den Umtausch auch für die anderen mitreisenden Personen durchführt, also für mehrere Personen umtauscht.
Im Ergebnis der Kontrolltätigkeit der Zollverwaltung der DDR ist festzustellen, dass die Ein- und Ausfuhr von Waren durch Westberliner Bürger dadurch charakterisiert ist, dass in der Einreise vor allem Kaffee und Südfrüchte und in der Ausreise Bücher (marxistisch-leninistische Literatur und Belletristik), Souvenirs und kunstgewerbliche Gegenstände sowie Schallplatten (besonders klassische Musik) mitgeführt werden.
Die Passierscheinstelle für dringende Familienangelegenheiten war am 31.3.1972 gemäß den Festlegungen in einer Besetzung von 1: 7 in der Zeit von 9.00 bis 12.20 Uhr geöffnet. Die Abwicklung erfolgte reibungslos.
Insgesamt wurden 289 Neuausschreibungen von Berechtigungsscheinen vorgenommen.
Zur Abfertigung der um 12.00 Uhr noch wartenden 25 bis 30 Besucher wurde 20 Minuten über die vorgesehene Öffnungszeit hinaus gearbeitet.
Vom Gruppenleiter der DDR wurde dem Senatsbeauftragten eine Liste solcher Westberliner Personen übergeben, für die aufgrund fehlender Anschriften in ihren Anträgen keine postalische Zustellung seitens der DDR erfolgen kann.
Damit wurde der Westberliner Seite die Möglichkeit eingeräumt, entsprechende Überprüfungen zur Ermittlung der Anschriften durchzuführen.
Im wechselseitigen Transitverkehr zwischen der BRD und Westberlin wurden vom 29. bis 31.3.1972 insgesamt 184 789 Personen abgefertigt, davon 73 451 von der BRD nach Westberlin und 111 338 von Westberlin nach der BRD.
(Sie untergliedern sich in 78 329 Bürger der BRD, 93 746 Bürger Westberlins, 10 794 Bürger nichtsozialistischer Staaten, 1 920 Bürger sozialistischer Staaten.)
Diese Personen reisten mit 64 337 Kfz, davon 25 495 von der BRD nach Westberlin und 38 842 von Westberlin nach der BRD.
(Sie untergliedern sich in 58 438 Pkw, 5 265 Lkw, 334 KOM.)
Auch am 31.3.1972 wurde in steigendem Umfang von der Möglichkeit des vereinfachten Transitverkehrs Gebrauch gemacht.
So reisten am 31.3.1972 insgesamt 82 245 Personen (Vortag 78 914) mit 23 985 Kfz (Vortag 27 497) im wechselseitigen Transitverkehr zwischen der BRD und Westberlin.
Davon reisten 32 019 Personen und 25 495 Kfz von der BRD nach Westberlin und 50 226 Personen und 13 240 Kfz von Westberlin in die BRD.
Darunter befinden sich 12 484 Personen, die im Transitverkehr mit der Eisenbahn reisten.
Gegenüber dem Vergleichszeitraum 1971 (Karfreitag) bedeutet das eine Steigerung des Transitverkehrs um 10 %.
Die zeitlichen Schwerpunkte des Transitverkehrs lagen auch am 31.3.1972 unverändert in den Vormittags- und Abendstunden. Die Abfertigung im wechselseitigen Transitverkehr zwischen der BRD und Westberlin erfolgte an allen Grenzübergangsstellen im Wesentlichen zügig und reibungslos.
Trotz zügiger Abfertigung durch die Kontrollorgane der DDR kam es an den Grenzübergangsstellen Staaken und Drewitz sowie an der Grenzübergangsstelle Hirschberg im Zusammenhang mit der kurzzeitigen Zunahme des Reise- und Besucherverkehrs zu geringen Wartezeiten bis zu 20 Minuten. An der Grenzübergangsstelle Drewitz entstand bei der Ausreise nach Westberlin gegen 14.00 Uhr ein großer Fahrzeugstau, da die Fahrzeuge von den Organen des Westkontrollpunktes nicht zügig abgefertigt wurden.
Im Transitverkehr wurden auch am 31.3.1972 keine Anträge auf Genehmigung zum Mitführen von Funkgeräten, funktechnischen Ausrüstungen und Schusswaffen gestellt.
Im Berichtszeitraum wurden im Transitverkehr keine Personen an den Grenzübergangsstellen zurückgewiesen.
Seit der zeitweiligen Anwendung des Transitabkommens2 und der Besucher- und Reisevereinbarung wurden durch PSK-Einheiten der Bundeswehr aus dem Raum Lübeck, Uelzen, Gifhorn bisher eine größere Anzahl von Ballons mit Hetzschriften in die DDR eingeschleust. Bisher wurden schwerpunktmäßig in den Bezirken Magdeburg, Halle, Dresden und Leipzig ca. 32 000 Exemplare der von der Bundeswehr herausgegebenen Hetzschrift »Mitteldeutsche Arbeiterzeitung«, Ausgabe Nr. 1/72, sichergestellt.