Zweite Tagung der 4. Synode der EKU
28. April 1972
Information Nr. 401/72 über die zweite Tagung der 4. Synode der »Evangelischen Kirche der Union« (EKU) vom 21. bis 23. April 1972 in Magdeburg
Bemerkungen: Die im Bericht erwähnten Anlagen sind nicht überliefert. Dem MfS wurden folgende Einzelheiten über die Vorbereitung und Durchführung der Synode der EKU1 in Magdeburg bekannt:
Die Synode, die u. a.
- –
Fragen der Kirchengemeinschaft einschließlich Bericht über den Stand der Lehrgespräche;
- –
das Kirchengesetz über die Organe und Dienststellen in der »EKU«;
- –
den Bericht des Ausschusses Gemeinde, Amt und Ordination;
- –
den Bericht über die Arbeit des mit der Weiterberatung der Öffentlichkeitsvorlage beauftragten Synodalausschusses
zu behandeln hatte, wurde am 21.4.1972, 9.30 Uhr, durch Präses Waitz,2 Magdeburg, eröffnet.
(Als Vertreter des Staatsapparates waren Genosse Weise,3 Hauptabteilungsleiter im Staatssekretariat für Kirchenfragen, und Genosse Bellstedt,4 Referent für Kirchenfragen beim Rat des Bezirkes Magdeburg, anwesend.)
Präses Waitz verlas zu Beginn der Synode
- –
einen Brief von Bischof Krummacher,5 Greifswald, der krankheitshalber an der Teilnahme verhindert war;
- –
eine Stellungnahme der Theologischen Sektion der ErnstMoritz-Arndt-Universität Greifswald, in der die Synode auf ihre hohe Verantwortung hingewiesen und zum Ausdruck gebracht wird, dass Entscheidungen erwartet werden, die sichern, dass die unierten Kirchen in der DDR in Freiheit und Unabhängigkeit von der BRD entscheiden können;
- –
ein Telegramm der Regionalsynode West der »EKU«, dass nur Grüße und allgemein gehaltene Erwartungen beinhaltete.
Im Anschluss daran gab Bischof Fränkel,6 Görlitz, den Bericht des Ratsvorsitzenden.
Fränkel sprach sich in diesem Bericht für die Verträge von Moskau und Warschau7 aus und forderte die Anerkennung bestehender Grenzen. (S. Presseveröffentlichungen DDR-Presse und BRD-Presse – »Tagesspiegel« vom 23.4.19728 u. a.)
Der Bericht Bischof Fränkels enthält erstmals Ansätze eines realistischen Herangehens bei der Einschätzung des Verhältnisses Staat – Kirche in der DDR.
Trotz dieser insgesamt positiven Aussage des Berichts von Fränkel gab es darin eine Reihe versteckter, religiös verpackter Äußerungen gegen den Staatsapparat. Dabei verwies er des Öfteren auf den Tätigkeitsbericht der Kirchenkanzlei der EKU, in dem besonders zum Verhältnis Kirche – Staat – Gesellschaft Stellung genommen wird.
Er beschuldigte dabei indirekt die DDR der Verletzung der Menschenrechte, wobei besonders im letzten Drittel seines Berichtes diffamierende Äußerungen gegen die DDR enthalten sind.
(Der Wortlaut des Berichtes von Fränkel wird in der Anlage beigefügt.)
Der Tätigkeitsbericht der Kirchenkanzlei der EKU, auf den sich Fränkel mehrfach bezog, enthält u. a. folgende Ausführungen:
»In der Deutschen Demokratischen Republik ist die Evangelische Kirche der Union staatlichen Forderungen und öffentlicher Kritik ausgesetzt, die ihre bestehende kirchliche Gemeinschaft infrage stellen. In einem Gespräch zwischen Staatssekretär Seigewasser9 und Präses Waitz vom 16. Juni 1971 wurden die Vorstellungen und Erwartungen der politischen Führung über den zukünftigen Weg unserer Kirche noch einmal dargelegt. Es wird die Aufgabe der gegenwärtigen Synode sein, zu prüfen, welche Entscheidungen in dieser Frage kirchlich zu verantworten sind.
Die verschiedenen ideologisch-politischen Gestaltungen von Staat und Gesellschaft bedingen verschiedene Arbeitsformen der Kirche in der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin und in der Deutschen Demokratischen Republik. Unsere Kirche hat diesem Tatbestand Rechnung getragen durch eine weitgehende Regionalisierung ihrer Arbeit, ohne dabei ihre durch Auftrag und Bewährung in der Geschichte verpflichtende Kirchengemeinschaft aufzugeben. Sie ist mehr und etwas anderes als die Summe ihrer Gliedkirchen, weil sie theologisch und historisch ihren Ursprung und ihren Auftrag bei der Einheit und nicht bei einer Vielheit, die zur Einheit erst geführt werden muss, genommen hat. Diese verpflichtende Gemeinschaft findet ihren Ausdruck in gemeinsamen Glauben und Bekennen (Grundartikel und Artikel I OEKU),10 in ihren Gottesdiensten, Agenden und Gesangsbüchern, in theologischer und kirchlicher gemeinsamer Arbeit und in rechtlichen Festlegungen, die bindend sind, und die, wenn sie in die Ordnung der EKU eingegangen sind, nur mit einer Zweidrittelmehrheit der Synoden geändert werden können.
Wenn unsere Kirche in beiden Bereichen, die sich gegenseitig zur Wahrnehmung ihrer je besonderen Verantwortung freigeben, Regionalsynoden und andere Organe, die der besonderen Gestalt der Verantwortungsbereiche angepasst sind, gebildet hat, so ist sie dadurch nicht nur einer geistlichen Notwendigkeit gefolgt, sondern ist auch der Auffassung, staatsrechtlichen Erfordernissen Rechnung getragen zu haben …
Die Überlegungen, die zur Konstituierung des Bundes Evangelischer Kirchen11 in der DDR und zur vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in der DDR12 geführt haben, sind nicht ohne weiteres übertragbar auf unsere Kirche und ihre Gemeinschaft. Die Evangelische Kirche der Union ist von ihrem Auftrag und ihrer Geschichte her Kirche in verpflichteter Kirchengemeinschaft. Sie sucht über die eigene Gemeinschaft hinaus die Kirchengemeinschaft in der Ökumene und ist beteiligt an den weltweiten Aufgaben, die sie allen ihren Gemeinden gestellt weiß. Darum muss unsere Kirche in eigener Verantwortung nach der ihr vorgegebenen theologischen und kirchlichen Sachlage Lösung in der Frage einer verpflichteten Kirchengemeinschaft suchen und finden.
Dabei ist über die Erschwerung kirchlicher Gemeinschaft zu klagen, weil immer wieder Brüder und Schwestern der einen Kirche daran gehindert werden, sich über politische Grenzen hinweg zu besuchen und zusammenzuarbeiten.
Unter den in dem Viermächte- und Berlin-Abkommen13 vorgesehenen Erleichterungen im Zeichen einer echten Entspannung sind u. a. auch Bestimmungen vereinbart, die Besuchsreisen aus religiösen Gründen ausdrücklich nennen. Es bleibt abzuwarten, ob damit nicht nur familiäre oder allgemein übliche Kontakte, sondern auch geordnete, der jeweiligen Situation angemessene Formen kirchlicher Zusammenarbeit gesichert sind.
Es ist ein überraschendes Faktum, dass eine ganze Reihe von Problemen der öffentlichen Verantwortung der Kirche in Ost und West in gleicher Weise gestellt sind, wenn sie auch in verschiedener Weise von beiden Gesellschaftssystemen beantwortet werden. Dazu gehört etwa die Frage der Schwangerschaftsunterbrechung, der Bildungsreform, der Sexualerziehung, der Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen u. a. m.
Eine Kirche, die auf der Grundlage des einen Evangeliums steht, bedarf in diesen Fragen des gemeinsamen theologischen Gesprächs.
In der Deutschen Demokratischen Republik wirkt sich eine stärkere Betonung der ideologischen Zielsetzung insbesondere auf dem Gebiet des Erziehungswesens für viele christliche Eltern und Kinder gewissensbedrängend aus. Die in der Verfassung der DDR vom 6.4.1968 in Artikel 20 gewährleistete Gewissens- und Glaubensfreiheit14 wird oft nicht im Sinne einer echten Toleranz und einer vollen Gleichberechtigung aller Bürger interpretiertt t…«
Einen großen Teil der Debatten während der Synode nahm die organisatorisch-rechtliche Verselbstständigung der Leitungsorgane der EKU im Bereich der DDR gegenüber den EKU-Gliedkirchen in der BRD und in Westberlin ein.
Nach der Gründung des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR und der Verselbstständigung der lutherischen Kirchen zur VELK/DDR stand schon vor der Synode der EKU 1970 die Aufgabe, echte Schritte zu ihrer Verselbstständigung zu unternehmen. Dies gelang 1970 trotz der Bemühungen der realistisch denkenden und progressiven Kräfte nicht. Es wurde eine Kommission gebildet, die der 1972 tragenden Synode den Entwurf eines neuen Kirchengesetzes vorlegen sollte, das den Realitäten Rechnung trägt. Dieser Entwurf wurde von Kirchenpräsident Dr. Pietz,15 Berlin, am 22.4.1972 vor der Synode in Magdeburg begründet. In diesem Entwurf sind besonders die §§ 1, 2, 3 und 4 von Bedeutung. Sie lauten:
§ 1
(1) Die Evangelische Kirche der Union ist die Gemeinschaft der in ihr zusammengeschlossenen Gliedkirchen im Dienst am Evangelium.
(2) In ihr bilden die Kirchengebiete in der Deutschen Demokratischen Republik einerseits und in der Bundesrepublik Deutschland und in Berlin-West andererseits je einen eigenen Bereich.
§ 2
(1) Die Aufgaben und Befugnisse der Synode werden für den jeweiligen Bereich durch Bereichssynoden wahrgenommen.
(2) Die Bereichssynoden werden in entsprechender Anwendung von Artikel 11 der Ordnung der Evangelischen Kirche der Union gebildet. Von den zu berufenden Mitgliedern entfallen auf jeden Bereich 10.
§ 3
(1) Gemeinsame Aufgabe der Bereichssynoden ist es, die in der Ordnung der Evangelischen Kirche der Union bezeugte brüderliche Gemeinschaft zu verwirklichen und lebendig zu erhalten.
(2) Änderungen der Ordnung der Evangelischen Kirche der Union bedürfen übereinstimmender Beschlüsse der Bereichssynoden.
Änderungen, die nur für einen Bereich gelten sollen, dürfen nicht im Widerspruch zum Grundartikel stehen und die Grundsätze des Artikels 1 der Ordnung der Evangelischen Kirche der Union nicht beeinträchtigen. Vor ihrer Verabschiedung ist der Synode des anderen Bereichs Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
§ 4
(1) Der Rat der Evangelischen Kirche der Union nimmt die ihm in der Ordnung der Evangelischen Kirche der Union übertragenen Gemeinschaftsaufgaben wahr.
(2) Er gliedert sich in zwei Bereichsräte.
Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche der Union ist Vorsitzender des Bereichsrates, dem er angehört; Vorsitzender des anderen Bereichsrates ist sein Stellvertreter, der diesem Bereichsrat angehört.
(3) Beschlüsse, die nur für einen Bereich gelten sollen, werden nur von dem betreffenden Bereichsrat gefasst. In diesem Fall ist er rechtlich allein verantwortlich.
(4) Für den Fall getrennter Sitzungen der Bereichsräte erfordern Entscheidungen, die für beide Bereiche gelten sollen, übereinstimmende Beschlüsse.
(5) Dem Rat gehören die Präsides der Bereichssynoden und je ein reformiertes Mitglied an, das von der Bereichssynode für die Zeit ihrer Amtsdauer berufen wird.
Zu dieser Vorlage, die bereits Verhandlungsgegenstand einer Informationstagung der EKU am 18.3.1972 in Potsdam war, lagen Abänderungsvorschläge von Oberkonsistorialrat Ammer,16 Magdeburg, Diakon Franke,17 Potsdam und Moderator Langhoff,18 Brandenburg, vor.
Die Beratung dieses Gesetzentwurfes und der Abänderungsvorschläge, mit denen sich zunächst ein Ausschuss und dann das Plenum befasste, war wichtigster Tagesordnungspunkt der Synode vom 21. bis 24.4.1972 in Magdeburg.
Durch geschickte Manipulationen war es den reaktionären Kräften gelungen, in diesen Ausschuss überwiegend negative Synodale zu lancieren, die den Plan hatten, ein extrem reaktionäres Kirchengesetz durchzubringen, sich durch eingeplante Abänderungen zwar beweglich und kompromissbereit zu zeigen, aber trotzdem keine wesentlichen Veränderungen zuzulassen. In diesem Zusammenhang ist auch der Abänderungsvorschlag von Oberkonsistorialrat Ammer zu sehen, der eine Änderung des § 4 in der Richtung forderte, dass über den Bereichsräten (DDR – BRD) ein gemeinsamer Rat der EKU existiert und gemeinsame Sitzungen stattfinden.
Um die reaktionären Kräfte offensiv zurückzudrängen, arbeiteten die Ausschussmitglieder
- –
Prof. Müller,19 Berlin
- –
Diakon Franke, Potsdam
- –
Moderator Langhoff, Brandenburg
- –
Diakon Seidel,20 Liedekahle
einen neuen Abänderungsvorschlag aus, der im Wesentlichen dem abgelehnten Antrag von Diakon Franke entsprach. (Dieser Antrag der vier Ausschussmitglieder wurde als neues Kirchengesetz qualifiziert und durch Abstimmung zurückgestellt.)
Generalsuperintendent Lahr,21 Potsdam, wurde gebeten, sich ebenfalls für diese Konzeption einzusetzen, Bischof Schönherr22 dafür zu gewinnen, und durch diesen den neuen Antrag vor dem Plenum einbringen zu lassen. Bei einer Ablehnung sollte der Vorschlag von Langhoff erneut zur Diskussion gestellt werden. Lahr und Schönherr erklärten sich hierzu prinzipiell bereit.
Bei der Diskussion im Plenum entwickelte sich die hauptsächlichste Auseinandersetzung zur Fassung des § 4 (1).
Hier stand die Frage, ob der einheitliche Rat der EKU beibehalten oder aufgegeben wird. Für die Beibehaltung des einheitlichen Rates setzten sich massiv Bischof Fränkel und Pfarrer Hamel,23 Naumburg, ein.
Bischof Schönherr knüpfte an die positive und realistische Entscheidung der Synode der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg an, deren Wesen in einer organisatorischen Trennung vom Westberliner Teil besteht.
Schönherr sagte, Grundsatz müsse sein, dass die Verantwortung des betreffenden Rates auf sein jeweiliges Gebiet beschränkt wird. Man müsse sich darüber im Klaren sein, dass die Frage stehe: entweder für oder gegen ein einheitliches Organ. Im § 4 (1) sei der Anschein des »noch-nicht-Verzichts« enthalten. Schönherr stellte die Forderung, entweder der Formulierung des § 4,1 in der Fassung von Moderator Langhoff »Die Aufgaben und Befugnisse des Rates werden für den jeweiligen Bereich durch Bereichsräte wahrgenommen« zuzustimmen, oder eine akzeptable Neufassung festzulegen. Für eine Neufassung unterbreitete er folgenden Vorschlag: »Im Bereich der DDR sowie im Bereich der BRD und in Westberlin wird je ein Bereichsrat gebildet.«
Die klare Forderung auf organisatorische Trennung, wie sie von Bischof Schönherr begründet worden war, wurde von Bischof Fränkel und Pfarrer Hamel heftig angegriffen. Hamel stellte z. B die Frage, ob Schönherr »unter innerkirchlichem Druck oder auf Einfluss von außen handele«. Fränkel erklärte, dass das ganze Gesetz relativiert und sinnlos sei, wenn der § 4,1 in der von Schönherr vorgetragenen Formulierung angenommen werden sollte.
Schönherr erwiderte, wenn seine Formulierung nicht angenommen werde; müsse man die Langhoff’sche Fassung beschließen.
Man müsse der Forderung Rechnung tragen, dass ein beschließendes Organ für den Bereich der DDR nur aus Bürgern der DDR bestehen könne.
Schließlich wurde über die Fassung des § 4,1, wie sie von Moderator Langhoff formuliert wurde, abgestimmt und diese angenommen. Alle anderen Bestimmungen der Gesetzesvorlage wurden so angenommen, wie sie die Kommission erarbeitet hatte.
Sie enthalten unrealistische Zugeständnisse, die aber den Fakt der Auflösung des einheitlichen Rates der EKU und der gesamtdeutschen Kirchenkanzlei nicht infrage stellen. An seine Stelle sind zwei Bereichsräte getreten. Das gleiche gilt für die Bereichs-Synoden und -Kanzleien der EKU, die gleichfalls als einheitliche Leitungs- und Verwaltungsorgane aufgehört haben zu existieren.
Auch im Berichtsausschuss kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen reaktionären und progressiven Kräften.
Prof. Winkler,24 Halle, griff die Ausführungen von Fränkel in seinem Bericht des Ratsvorsitzenden zum Problem Menschenrechte in der DDR an und betonte, dass in der DDR die Forderungen der UNO-Charta für die allgemeinen Menschenrechte bereits verwirklicht seien. Deshalb sei diese Frage überhaupt indiskutabel.
Hierauf erwiderte Pfarrer Hamel, wenn Prof. Winkler am Sozialismus noch etwas Gutes finden würde, dann würde er die gleiche Position beziehen wie die Leute, die heute noch »von Hitlers Autobahnprojekt begeistert« seien.
Kirchenpräsident Natho,25 als Vorsitzender des Berichtsausschusses, forderte Hamel auf, diese Worte zurückzunehmen und sich bei Prof. Winkler zu entschuldigen. Hamel tat dies mit der Bemerkung, ihm seien die Worte »nur so herausgerutscht«, er habe sie nicht ernsthaft überdacht.
Bischof Fränkel, Pfarrer Hamel und Oberkonsistorialrat Meckel,26 Berlin, versuchten, den Berichtsausschuss dahingehend zu beeinflussen, einen offenen Brief an die Gemeinden und an den Staat wegen Behinderung der Kirche im Zusammenhang mit dem Problem der Menschenrechte zu verfassen und dieses Problem hochzuspielen. Weiter sollte ein Wort an die »Jungen Gemeinden« zu Fragen der Bildungspolitik gerichtet werden.
Nach einer heftigen Auseinandersetzung konnte der reaktionäre Plan zurückgewiesen werden. Die Mehrheit im Ausschuss sprach sich eindeutig gegen derartige Aktivitäten aus.
Pfarrer Hamel machte weiter den Vorschlag, den Bericht von Fränkel den Gemeinden als Arbeitsmaterial zur Verfügung zu stellen. Dieser Vorschlag wurde vom Ausschuss ebenfalls abgelehnt. Präses Lange,27 Greifswald, erklärte dazu, dass die Gemeinden notwendige Arbeitsunterlagen von ihrem zuständigen Konsistorium erhalten. Um die Debatte darüber zu beenden, wurde festgelegt, den Bericht den Kirchenleitungen der EKU-Landeskirchen zuzustellen.
Durch die progressiven Kräfte war geplant, im Ausschuss eine Erklärung zur Europäischen Sicherheitskonferenz28 vorzulegen und darüber abstimmen zu lassen. Aufgrund der äußerst gespannten Stimmung im Ausschuss musste davon Abstand genommen werden, diese Erklärung vorzulegen.
Der Ausschuss legte dem Plenum einen Entwurf zum Antirassismusprogramm zur Beschlussfassung vor. Durch die Aktivitäten von Pfarrer Hamel wurde gegen den Willen progressiver Synodaler der Text so verändert, dass eingearbeitet wurde, »für die Entrechteten an jedem Ort einzutreten«.
Das Schlusswort von Präses Waitz, Magdeburg, enthielt solche Formulierungen wie: Es sei klar, dass Entscheidungen sicher bei einem großen Teil der Synodalen »freiwillig unfreiwilligen Herzens« gegeben worden seien. Sie seien hervorgegangen aus einer gewissen Einsicht, dass der Weg der Kirche in der DDR um des Zeugnisses und Dienstes willen zu dieser Entscheidung nötige.
Für eine Minderheit seien die getroffenen Entscheidungen schmerzlich gewesen, insbesondere gelte das für Präsident Hildebrandt,29 der letztmalig in dieser Funktion an einer Synode teilnimmt. Es sei verständlich, wenn er im Ergebnis der Synode mit Resignation registriert: Wohl dem, der mit dem Neuen nicht mehr braucht zu leben …
Danach erhielt Hildebrandt das Wort. Er führte aus: »Nach menschlichem Ermessen ist dies die letzte Synode, die ich heute erlebe. Die letzte Phase der Entwicklung, der ›EKU‹ Synode, die ich miterlebe, bereitet mir innere Not. Ich habe Sorge um den weiteren Weg …«
Mit der Verabschiedung von Hildebrandt aus seiner Funktion wurde die Synode beendet.
Im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Synode wurde dem MfS intern bekannt, dass Bischof Fränkel ursprünglich den »Nachweis« erbringen wollte, dass sich der »Druck« des Staatsapparates auf die Kirche nach dem VIII. Parteitag »wesentlich verschärft« habe. Fränkel hatte im internen Kreise erklärt, er habe als Beweisführung dafür eine Reihe Beispiele, und da nach seiner Ansicht andere kirchliche Amtsträger zur »wahren Situation« in der DDR schweigen würden, werde er den Mut aufbringen, die »wirklichen Realitäten zur Sprache zu bringen«.
(Bereits auf der Synode des Kirchengebietes Görlitz im März 1972 wurden von Bischof Fränkel Provokationen und Verleumdungen gegen die DDR vorgetragen. Diese Provokationen waren durch die reaktionäre Westpresse und das Westfernsehen ausgewertet worden.)
Entgegen dieser ursprünglichen Absicht, diese Angriffe gegen die DDR vorzubringen, hat Bischof Fränkel diesen Teil des Berichtes noch unmittelbar vor der Synode nach Einflussnahme einiger positiv-realistischer Kräfte geändert.
Anlagen
Wortlaut des Berichtes des Ratsvorsitzenden
Entwurf des Kirchengesetzes und Erläuterungen
insgesamt: 19 Blatt